Heiligkeit,
Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Schwestern und Brüder in Christus!
I. Es ist mir als Bischof von Trier eine große Ehre, Eure Heiligkeit in Trier willkommen zu heißen. Sie holen heute einen Besuch nach, den Sie vor zwei Jahren kurzfristig absagen mussten. Es freut mich, dass Sie an Ihrer Absicht festgehalten haben, unsere Stadt zu besuchen und die Begegnung nun möglich geworden ist. Sehr herzlich begrüße ich mit Ihnen auch die Mitglieder Ihrer Delegation.
Bei unserem gemeinsamen Gang durch den Trierer Dom konnte ich schon daran erinnern, dass es von der Geschichte her eine Verbindung zwischen der koptischen Kirche und dem Bistum Trier gibt: Denn der heilige Athanasius, Bischof von Alexandrien und Kirchenlehrer, war auf Anordnung von Kaiser Konstantin in den Jahren 336-337 hier in in dieser Stadt im Exil, weil er das nizänische Bekenntnis von der wahren Gottheit und der wahren Menschheit Jesu Christi mit aller Kraft verteidigt hat. Auch wenn der Kaiser mit der Kaiserstadt Trier ein standesgemäßes Exil für Athanasius ausgewählt hatte, so verwundert es uns nicht, dass Athanasius selbst den Eindruck hatte, von Ägypten ans „Ende der Erde“ verbannt zu sein.
Wir wissen, dass er zusammen mit dem damaligen Bischof Maximin im gerade erst eröffneten Dom die Eucharistie gefeiert hat, und wahrscheinlich hat Athanasius in der Zeit seiner Trierer Verbannung nicht nur die Lebensbeschreibung des Mönchsvaters Antonius geschrieben, sondern auch sein Werk „Gegen die Heiden – Über die Menschwerdung“. Mit dem unfreiwilligen Aufenthalt von Athanasius in Trier wird also eine Brücke geschlagen zwischen den Christen in Ost und West. Nicht umsonst hat daher auch Papst Schenuda III. Wert darauf gelegt, dass es eine koptisch-orthodoxe Gemeinde in der Nähe von Trier gibt. Sie hat Wohnung gefunden in Bitburg und trägt den Namen des hl. Athanasius.
Ihr Besuch, Heiligkeit, gibt uns die Möglichkeit, das Band der Gemeinschaft zwischen uns zu festigen durch den staunenden und dankbaren Blick in die Geschichte, durch das gemeinsame Gebet, das wir schon vollzogen haben und durch den Austausch, der uns hilft, mehr voneinander zu erfahren und ein wenig an der Situation der jeweils anderen teilzunehmen. Ich darf Ihnen versichern, dass wir Christen in Deutschland aufmerksam die Situation unserer Glaubensbrüder und -schwestern im Nahen und Mittleren Osten verfolgen.
II. Dabei scheint unsere Wahrnehmung der Lebenssituation der Christen im Nahen Osten oftmals sehr einseitig auf die bedrückenden Nachrichten gerichtet. Wir hören von Krieg und Krisen und lesen von schlimmen Schicksalen von Christen in der Region. Wir neigen dazu, rasch zu verallgemeinern, und es verfestigt sich das Bild: Die Zahl der Christen in vielen arabischen Ländern, in der die Wiege unseres Glaubens steht, nimmt weiter ab. Krieg und Terror treiben Menschen zur Flucht. Geringe Aussichten für ein wirtschaftliches Fortkommen oder eine bessere Zukunft der Kinder führen dazu, dass immer wieder christliche Familien der Region den Rücken kehren. Auch Bedrängungen im Alltag und bürokratische Vorschriften erschweren das Leben für Christen mancherorts. Und vergessen wir nicht die Männer und Frauen, Jungen und Alten, die in der jüngsten Vergangenheit mit ihrem Bekenntnis zu Christus zu Märtyrinnen und Märtyrern des Glaubens geworden sind!
Und doch – oder deswegen?! – gibt es in vielen Ländern des Nahen Ostens ein reges christliches Gemeindeleben, und die Theologie von dort strahlt weit über die Länder hinaus. Es gibt lebendige Gemeinden. In Ägypten werden neue Kirchen errichtet. Theologische Impulse aus Ihrer Heimat sind für das weltweite ökumenische Gespräch von großer Bedeutung.
Heiligkeit, verehrter Papst Tawadros! Gerade Sie haben mit viel beachteten Vorschlägen zur Taufanerkennung und zu einem gemeinsamen Ostertermin dem ökumenischen Gespräch einen wichtigen Anstoß gegeben. In Ihrer gemeinsamen Erklärung mit Papst Franziskus vom 28. April 2017 haben Sie das Anliegen der wechselseitigen Taufanerkennung ausdrücklich unterstützt. Dafür sage ich Ihnen auch an dieser Stelle herzlichen Dank!
Die Christen in Ägypten tragen – auch das möchte ich nicht unerwähnt lassen – darüber hinaus wesentlich zur Stärkung des Friedens zwischen den Religionen bei. Vielfältig sind die Initiativen, in denen der Dialog mit den Muslimen vertieft wird. Wir hoffen mit Ihnen, dass jede Gewalt im Namen der Religion überwunden wird und gegenseitiger Respekt sich überall durchsetzt.
III. Die guten ökumenischen Beziehungen, die wir in Deutschland pflegen, sind eine Frucht der ökumenischen Bemühungen auf Weltebene und stärken ihrerseits den internationalen Dialog. Es ist ein schönes Zeichen, dass auch die koptischen Christen in unserem Land mit ihren Gemeinden und Klöstern das geistliche Leben in Deutschland bereichern. Sie sind sichtbarer Ausdruck gelebter Geschwisterlichkeit im Glauben. Vieles an diesen guten Beziehungen in Deutschland ist natürlich auch dem unermüdlichen Einsatz Ihres Bischofs Anba Damian zu danken, den ich ausdrücklich in meine Begrüßung einschließen möchte.
Wir waren eben zum Gebet in der Heilig-Rock-Kapelle, in der als kostbarste Reliquie unseres Domes die Tunika Christi verehrt wird. Seit den Zeiten der Kirchenväter ist das ohne Naht gewebte Gewand unseres Herrn, das nach der Auskunft des Evangelisten Johannes auch die römischen Soldaten nicht in Teile gerissen haben (vgl. Joh 19,23), ein Zeichen für die Einheit aller Christen. Insofern sehen wir uns hier in Trier der Ökumene in besonderer Weise verpflichtet. Wir feiern deshalb unser jährliches Bistumsfest, die sogenannten Heilig-Rock-Tage, nie ohne ökumenische Beteiligung. Erst vor zwei Wochen hatten wir im Rahmen dieser festlichen Tage die schöne Gelegenheit, im Dom einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern, in dem Bischof Anba Damian uns die Predigt gehalten und uns daran erinnert hat, dass er wahrscheinlich seit den Zeiten des hl. Athanasius der erste ägyptische Bischof war, der an diesem Ort öffentlich gepredigt hat.
Und weil wir wissen, dass die Ökumene von persönlichen Begegnungen lebt, möchte ich auch die in den letzten Jahren gewachsenen Kontakte zwischen der Athanasius-Gemeinde in Bitburg und dem Bistum nicht vergessen. Inzwischen ist es nahezu eine gute Tradition geworden, dass wir uns zu den Hochfesten Weihnachten und Ostern wechselseitig durch die Teilnahme an der Liturgie besuchen.
Wenn ich daran denke, in welchem Maß die Athanasius-Gemeinde in den letzten Jahren gewachsen ist, dann ahne ich die Herausforderungen, vor der die koptisch-orthodoxen Gemeinden ebenso wie die Gemeinden anderer orientalisch-orthodoxer Kirchen in Deutschland stehen. Eure Heiligkeit, liebe Brüder und Schwestern in Christus! Ihre Gemeinden haben in den letzten Jahren mit Kraft und Energie vielen Menschen geholfen, die in unserem Land um Aufnahme und Schutz gebeten haben. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung! Zugleich wollen wir, die Kirche in Deutschland, nicht nachlassen, für politische Lösungen zu werben, die eine Flucht oder Auswanderung unnötig machen, weil Krisen und Kriege überwunden werden.
Verehrter Papst Tawadros! Möge Ihr Wirken als Papst von Alexandrien und Patriarch des Sitzes des heiligen Markus gesegnet sein, damit es den Aufbau einer gerechten und friedlichen Gesellschaft in Ägypten fördert und weiterhin zur Entspannung zwischen den Gläubigen verschiedener Religionen beiträgt.
Zur Nachricht der Bischöflichen Pressestelle über den Besuch