Die Tage der vierten Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt waren für die Synodalen bewegte und bewegende Tage. Wir haben es uns mit den Themen und miteinander nicht leicht gemacht. Wir haben gerungen um Lehre und Leben der Kirche. Wer über den Livestream im Internet nur ein wenig die Versammlung in der Frankfurter Messehalle verfolgt hat, konnte erleben, wie emotional oft die Diskussionen verliefen. Es war zu spüren, wie wichtig denen, die dort versammelt waren, ihr Katholischsein ist. Zugegeben, die Zugänge, die Lebens- und Glaubenserfahrungen sowie die Verantwortlichkeiten der Synodalen sind unterschiedlich. Sie stoßen mitunter schmerzhaft aufeinander.
Die Themen, um die es beim Synodalen Weg geht, sind keine Nebensächlichkeiten, sondern berühren das persönliche und kirchliche Leben existenziell: Die Frage nach einer wirksameren Beteiligung des Volkes Gottes bei den wichtigen Entscheidungen einer Ortskirche, die Frage nach einer deutlicheren Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen der Bischöfe. Insgesamt ist es ja das Anliegen des Synodalen Weges, das hierarchische und das synodale Element im kirchlichen Leben in eine bessere Balance zu bringen, ein Anliegen, das auch Papst Franziskus seit seinem Amtsantritt betont.
Zu diesem Anliegen zählt wesentlich auch die stärkere Beteiligung der Frauen an der amtlichen Vollmacht in der Kirche.
Und schließlich wird intensiv über eine Neubewertung bzw. Weiterentwicklung der katholischen Sexualmoral debattiert. Zwar hat der dazu vorgelegte Text nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe gefunden, was ich ausdrücklich bedauere. Gleichwohl liegt der Text nun öffentlich vor, und die Debatte darüber ist ja nicht zu Ende, auch nicht in unserem Bistum. Außerdem haben wir Bischöfe zugesagt, über diesen Text auch noch einmal in unserer nächsten Vollversammlung zu beraten. Ziel des Papiers mit dem Titel „Leben in gelingenden Beziehungen – Grundlinien einer erneuerten Sexualethik“ ist es, einen deutlichen und argumentationsstarken Anstoß für das Gespräch auf weltkirchlicher Ebene und damit für das päpstliche Lehramt zu geben. Diese Zielrichtung gilt insgesamt für die Texte des Synodalen Weges, die die katholische Lehre als solche betreffen: Darüber haben nicht wir in Deutschland zu entscheiden. Dazu braucht es die Autorität der Gesamtkirche zusammen mit dem Papst. Insofern haben diese Texte den Charakter eines Gesprächsbeitrags. Das mag nach wenig klingen. Doch sollten wir die Tatsache, dass die Kirche in Deutschland in einer solch öffentlichen und breit getragenen Weise Anfragen zu Themen formuliert, die lehramtlich offiziell als beantwortet gelten, nicht unterschätzen. Ich denke dabei besonders an die Eingabe, den Vorbehalt der Weiheämter für Männer zu überprüfen wie auch die Bitte, die kirchliche Sexuallehre neu zu bewerten. Die nervösen Reaktionen, die es nicht nur aus Rom, sondern auch aus anderen Gegenden der Welt zum Synodalen Weg gibt, sind eine Bestätigung dafür, dass man diesen Weg und seine Ergebnisse weltweit durchaus mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt.
Was wünsche ich mir für den weiteren Weg? Für uns in Deutschland wünsche ich mir, dass es in den Beratungen unter uns Synodalen weiter leidenschaftlich zugeht, aber zugleich das wechselseitige Zutrauen wächst. Eine Kirchenversammlung, in der das Misstrauen regiert, hat keine Strahlkraft und bleibt unter ihren eigentlichen Möglichkeiten.
Im Blick auf die Ortskirchen in anderen Ländern wünsche ich mir, dass sie die Fragen, die sie bewegen, nicht hinter vorgehaltener Hand formulieren, sondern sich durch unser Vorgehen zum offenen Wort ermutigt fühlen, damit ein freimütiger Austausch möglich wird, der auch die Kontroverse nicht scheut. Die Rückmeldungen, die Bischofskonferenzen auf die Umfrage des Papstes zur Weltbischofssynode geben, stimmen mich zuversichtlich.
Im Blick auf den Papst und die Kurie in Rom wünsche ich mir, dass die Ergebnisse des Synodalen Weges in Deutschland mit der Bereitschaft zu einem ernsthaften Dialog aufgenommen werden. Denn dieser Weg will das Evangelium und den katholischen Glauben nicht dem Zeitgeist ausliefern, sondern die Kirche erneuern als Gemeinschaft, die einladend ist, die die Kraft hat, die Zeichen der Zeit zu deuten und die ihren Auftrag vor allem darin sieht, zu integrieren statt auszugrenzen. Damit geht sie in der Spur Jesu und erweist den Menschen unserer Zeit einen wichtigen Dienst.