„Gerade in dieser Zeit, in der mit Hass und Krieg Angriffe auf die Würde der Menschen geschehen, ist die Salbung ein sprechendes Symbol für unser Christsein – und vor allem für die Art und Weise, Christ zu sein.” Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann in seiner Predigt während der Chrisammesse am 13. April im Trierer Dom herausgestellt. In der Chrisammesse weiht der Bischof Chrisam, Katechumen- und Krankenöl, die für die Spendung der Sakramente Taufe, Firmung, Krankensalbung oder Priesterweihe im gesamten Bistum verwendet werden.
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Wir dokumentieren die Predigt im Wortlaut:
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir heißen Christen, weil wir zu Jesus Christus gehören. Und Christus trägt diesen Namen, weil er der von Gott mit Geist und Kraft Gesalbte ist, wie wir es gerade noch einmal im Evangelium gehört haben. In der Synagoge von Nazaret bezieht Jesus das Prophetenwort des Jesaja auf sich und sagt, dass sich dieses Wort an ihm erfüllt hat: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt, und er hat mich gesandt, den Armen eine Frohbotschaft zu bringen. (Lk 4,18)
Schon manches Mal habe ich mich gefragt, ob darin nicht eine tiefere Bedeutung liegt, dass wir uns nach demjenigen nennen, der selbst den Namen „der Gesalbte“ trägt. Und: Könnte man Salbung nicht nur verstehen als einen Vorgang, der Würde und Vollmacht verleiht – im Alten Testament die Vollmacht und Würde der Könige und Priester; in der Kirche: die Würde und Vollmacht der getauften und geweihten Angehörigen des Volkes Gottes? Könnte der Vorgang der Salbung nicht auch ein Programm enthalten für den Stil und die Weise des Christseins? Was meine ich damit?
Ich meine, dass die Tatsache, dass Salbungen fest zum Leben der Kirche dazugehören, uns anregt, darüber nachzudenken, wie wir Christen sein sollen in dieser Welt und Zeit.
Papst Franziskus hat in seinem Brief, den er vor zwei Jahren an uns Katholiken in Deutschland geschrieben hat, den Auftrag formuliert, dass wir in diese Welt hinausgehen sollen, „um mit dem Geist Christi alle Wirklichkeiten dieser Erde zu salben.“ (Nr. 8) Eine ungewöhnliche Formulierung: Mit der Botschaft und dem Geist Jesu Christi die Wirklichkeit dieser Erde „salben“. Der Papst hat nicht geschrieben: Wir sollen mit der Botschaft und dem Geist Jesu Christi die Wirklichkeit dieser Erde konfrontieren oder sie überfallen …
Noch einmal: Steckt in dem „Salben“ nicht auch ein Programm, das nicht erst vom Papst stammt, sondern eigentlich schon die heiligen Öle selbst enthalten?! Denn sich salbend der Wirklichkeit zu nähern, setzt einen bestimmten Stil voraus. Der ist anders, als wenn man sich der Wirklichkeit nähert, um sie zu belehren, um sie zu besetzen, um sie sich untertan zu machen …
„Sich salbend“ der Wirklichkeit zu nähern, ist auch etwas anderes, als einen „salbungsvollen Stil“ an den Tag zu legen. Den soll es in der Kirche mitunter ja auch geben. Aber das, was hier gemeint ist, ist keine Schwülstigkeit oder triefende Feierlichkeit, sondern es geht um das, was eine Salbung im positiven Sinn kennzeichnet.
Liebe Schwestern und Brüder, vor allem auch liebe Mitbrüder im geistlichen Amt!
Ich bin davon überzeugt, dass die Geste der Salbung wesentlich mehr ist als eine rituelle Handlung, die wir in festlichen Gottesdiensten und am Krankenbett vollziehen. Sie ist ein sprechendes Symbol für unser Christsein und für unsere Weise, Christin und Christ zu sein, gerade in dieser Zeit. Die Salbung gibt uns wichtige Hinweise für einen guten und hilfreichen Umgang mit den Menschen und der Wirklichkeit.
Wenn wir nachher die heiligen Öle weihen, und immer wieder, wenn wir erleben, dass sie in unseren Gottesdiensten zum Einsatz kommen, dann dürfen, nein: sollen wir uns daran erinnern, dass die Salbungen Programm sind für unseren Stil des Christseins. Aber noch ehe sie Programm sind, sind die Salbungen Gabe von Gott her, in der er uns zeigt, wie er sich uns naht und mit uns umgeht!
Amen.