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Predigt von Bischof Dr. Stephan Ackermann zum Heilig-Rock-Fest 2021

Du bist meine Zuversicht

Mit einem live übertragenen Pontifikalamt hat Bischof Dr. Stephan Ackermann am 16. April die Heilig-Rock-Tage 2021 eröffnet. Das Fest der Diözese Trier findet vom 16. bis 25. April unter dem Leitwort „Du bist meine Zuversicht“ statt – Corona-bedingt mit Gottesdiensten, Gebetszeiten und digitalen Angeboten.

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Wir dokumentieren die Predigt im Wortlaut:

1. Das Leitwort, das über den diesjährigen Heilig-Rock-Tagen steht, heißt: Du bist meine Zuversicht. Die Worte sind dem Ps 71 entnommen (Vers 5), und die Botschaft, die von diesem Leitwort ausgehen soll, ist klar: Das will ein Wort der Stärkung und der Ermutigung sein in der belastenden Zeit der nach wie vor andauernden Corona-Krise. Ermutigung können wir wahrhaftig brauchen bei diesem ermüdenden Pandemie-Marathon.

Das Psalmwort will aber keine billige Ermutigung geben. Es ist nicht bloß ein Wort der Selbstermunterung nach dem Motto: „Nur Mut, wir schaffen das schon!“ Es ist keine Durchhalteparole, und es behauptet auch nicht „Alles wird gut“, obwohl schon abzusehen ist, dass vieles körperlich, wirtschaftlich, seelisch nicht mehr so wird wie zuvor.

Keine billige Ermutigung oder Selbstermunterung

Das Psalmwort Du bist meine Zuversicht ist Gebet und Bekenntnis. Denn es wendet sich an Gott, spricht ihn direkt an, gibt ihm den Namen „Zuversicht“.

Das ist übrigens nicht der einzige Name, den der Beter im Psalm 71 Gott gibt.

In diesem Psalm wird Gott auch genannt: Sicherer Hort, Fels, Burg, Hoffnung, Beschützer, starke Zuflucht … Unter diesen Namen klingt Zuversicht als Name für Gott geradezu zurückhaltend. Aber vielleicht ist gerade das passend: Kein vollmundiger, kein überschwänglicher Titel, der versucht, Schwierigkeiten, Zweifel und Anfechtungen zu überdecken.

Zuversicht bedeutet: "sich vorausschauend versorgen / versorgt werden"

2. Liebe Schwestern und Brüder, schauen wir noch ein bisschen genauer hin, was im deutschen Wort Zuversicht mitschwingt: Von seiner Wortwurzel her steckt in Zuversicht das Wort „versehen“ – nicht „Versehen“ im Sinne von Irrtum („Das war ein Versehen …“), sondern als Tätigkeitswort, das wir benutzen, um auszudrücken, dass jemand zum Beispiel mit Proviant oder einer guten Ausrüstung versehen worden ist.

Versehen in diesem Sinn bedeutet: sich vorausschauend versorgen / versorgt werden; gut ausgestattet sein.

Auf den Gottesglauben übertragen heißt das: Mit Gott bin ich gut ausgerüstet für mein Leben. Mit ihm kann ich mein Leben bestehen. Und: Gott gibt mir nicht nur Zuversicht. Nein, er selbst ist meine Zuversicht. Er ist mir Ausrüstung, ist mir Kraft für mein Leben.

Gott ist mir Ausrüstung und Kraft für mein Leben

3. Wir hören dieses bestärkende Psalmwort in der Osterzeit. Aber gerade das Heilig-Rock-Fest führt uns mit seinem Evangelium noch einmal unter das Kreuz, also in die Situation, in der Jesus seine größte Ohnmacht erlebt, ihm alles genommen wird, seine letzten Habseligkeiten, sein letztes Hemd, sein Leben. Aber das war für ihn wohl nicht das Schlimmste. Denn das ist das Schicksal, das er mit ungezählten anderen Menschen teilt – damals wie heute.

Das Schmerzlichste für Jesus war wohl, dass ihm in dieser Situation die Nähe zu Gott, seinem Vater, genommen wurde: also das, was ihn bis dahin durch alle Höhen und Tiefen hindurch getragen hat. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?, so schreit Jesus am Kreuz nach dem Zeugnis des Evangelisten Markus (15,34).

Wie oft wird Jesus als frommer Jude den Psalm 71 gebetet und darin gesprochen haben: Gott, du bist meine Zuversicht! Sollte das nun nicht mehr wahr sein? Ist Gott doch nicht der, der uns in seiner liebenden Sorge mit dem versieht, was Jesus und wir alle zum Leben brauchen: seine beständige Gegenwart?

Gott gibt keine vorschnellen Antworten

4. Auf diese Frage gibt Gott auf Golgotha keine Antwort. Er schweigt. Er flüstert dem Gekreuzigten nicht zu: Hab Mut! Ich bin doch deine Zuversicht! … Das ist die Erfahrung des Karfreitags. Gerade das Schweigen macht den Karfreitag aus.

Nun wissen wir von Ostern her: Gott schweigt, aber er bleibt.

Man kann Gottes Schweigen bei der Kreuzigung Jesu als eine besondere seelische Grausamkeit interpretieren. Man kann Gottes Schweigen – von Ostern her – aber auch als eine besondere Form der Solidarität verstehen. Gott überspringt das Leid nicht. Er erklärt es nicht weg.

Gerade in der Corona-Zeit mit all den Fragen, die sie aufwirft, und all den oft hilflosen Antworten, die ständig gegeben werden, wie überhaupt in der Geschwätzigkeit unserer Zeit, kann man das Schweigen Gottes angesichts des Kreuzes auch verstehen als Zeichen dafür, dass Gott keine vorschnellen Antworten gibt da, wo sich vorschnelle Antworten und Erklärungen verbieten.

Wir wissen, wie schmerzlich es sein kann, schnelle Erklärungen zu hören – und mögen sie noch so richtig sein. Das gilt besonders für komplexe Situationen und für Zeiten, die uns einen langen Atem abverlangen, so wie eben jetzt.

Gott gibt uns Zuversicht

5. Du bist meine Zuversicht, unser diesjähriges Leitwort der Heilig-Rock-Tage, ist kein lauter Jubelruf. Erst recht ist es kein gläubiger Schlachtruf. Ein solches Wort wäre in diesem Jahr unpassend. Viel passender ist das unaufgeregte, stille Bekenntnis von Psalm 71, das zugleich voller Innerlichkeit ist. Es ist davon überzeugt, dass uns mit Gott alles gegeben ist – auch dann, wenn uns so viele alltägliche Sicherheiten abhanden kommen.

Gott gibt nicht nur Zuversicht. Er ist unsere Zuversicht. Wer Gott hat, der hat alles. Der ist „wohl versehen“, wie es in einem unserer Lieder im Gotteslob heißt (GL 807.3).

Zuversicht - ein Grundwort des Lebens

Liebe Schwestern und Brüder! Ist Ihnen aufgefallen dass auch schon im österlichen Eingangslied das Wort von der „Zuversicht“ als Refrain immer wieder aufgeklungen ist?

Jesus lebt, mit ihm auch ich! …
Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden,
keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden.
Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht. (GL 336,1.3)

Vielleicht können die diesjährigen Heilig-Rock-Tage mit ihren Gottesdiensten, ihren Veranstaltungen und den Online-Übertragungen dazu helfen, dass aus dem Leitwort und dem Liedrefrain so etwas wird wie ein Grundwort unseres Lebens, das uns gerade in den aufgewühlten Zeiten immer wieder über die Lippen kommen: Ja, Herr, du bist meine Zuversicht!

Amen

Weiteres:

Heilig-Rock-Fest 2021

in der Predigt