Wenn wir in diesem Jahr das Hochfest der beiden Apostel Petrus und Paulus feiern, die in Rom, der Kapitale des römischen Imperiums, auf staatliche Anordnung den Märtyrertod erlitten, dann denken wir hier in Trier natürlich an die vor wenigen Tagen eröffnete Landesausstellung Der Untergang des römischen Reiches.
Im Rahmen dieser Ausstellung wird unter anderem die Frage gestellt, welche Rolle das junge Christentum beim Untergang des römischen Reiches gespielt hat: War das Christentum dabei ein Brandbeschleuniger, weil es traditionelle Kulte und Werte Roms radikal infrage gestellt hat, oder war das Christentum eher ein stabilisierender Faktor, weil der sich schnell ausbreitende Christenglauben eine einende Kraft für das Imperium entfalten konnte?
Kaiser Konstantin jedenfalls hat diese einende Kraft des Christentums gesehen und deshalb auch den christlichen Glauben anerkannt und gefördert. Und nicht umsonst waren spätere Kaiser daran interessiert, dass die Glaubenskontroversen, die in den ersten Jahrhunderten nicht selten mit harten Bandagen unter den Christen ausgetragen wurden, nicht zu größeren Spaltungen führten. Für das Reich wäre das ein Nachteil gewesen. Deshalb haben die Kaiser ja sogar in ihrer Autorität Konzilien einberufen oder Bischöfe mit angeblich abweichenden Glaubensmeinungen in die Verbannung geschickt: Denken wir nur an Athanasius in Trier und Bischof Paulinus in Phrygien, im heutigen Anatolien.
Aber was war es eigentlich, das das Christentum so anziehend und interessant machte? Von den Experten werden immer wieder drei große Anziehungspunkte genannt (vgl. Gustave Bardy: Menschen werden Christen. Das Drama der Bekehrung in den ersten Jahrhunderten, Freiburg 1988, v.a. 94ff,126-170):
Und heute, liebe Schwestern und Brüder? Am Montag wurden die aktuellsten Zahlen zum Leben katholischen Kirche in unserem Land veröffentlicht … Wir kennen sie, und wir kennen die Schlagzeilen vom „dramatischen Mitgliederschwund“, von der „Abstimmung mit den Füßen“, von den „Gläubigen, denen der Glaube an die Kirche fehlt“ … Ist die katholische Kirche, ist das Christentum – in Europa – heute in einer ähnlichen Verfassung wie das Römische Reich in der Spätantike? – Ist Zeit der Kirchendämmerung? Ich glaube nicht, auch wenn es Phänomene gibt, die durchaus eine Ähnlichkeit aufweisen. Denn es ist unstrittig, dass wir in einer Zeitenwende leben. Aber diese bietet die Chance zu einer Erneuerung und Weiterentwicklung von Christentum und Kirche in unserem Land. Richtiger gesagt: Sie bietet nicht nur die Chance, sondern sie fordert uns dazu heraus.
Auch diese Erkenntnis ist nicht neu. Schon vor Jahrzehnten ist diagnostiziert worden, dass die Epoche, die mit Konstantin und seiner staatlichen Förderung der Kirche begonnen hat, zu Ende geht. Unzählige Male schon wurde das „Ende der Volkskirche“, die mit Kaiser Konstantin begonnen hat, festgestellt.
Nun ruft aber die Rede vom „Ende der Volkskirche“ in uns ein Bild wach, das irreführend ist. Denn es klingt so, als ob an einem bestimmten Punkt das Ende erreicht ist, und nun das Neue beginnt. Bildlich gesprochen: Abends geht man noch mit der Volkskirche schlafen und wacht am anderen Morgen in einer Kirche der Freiwilligen und Überzeugten auf …
Die letzten Jahre haben uns schmerzlich gezeigt, dass dies nicht stimmt (es wäre zu schön, um wahr zu sein): Der Übergang verläuft viel länger und mit viel mehr einzelnen schmerzlichen Abbrüchen als gedacht.
Das ist übrigens eine Erkenntnis, die auch für den Untergang des römischen Imperiums gilt (das habe ich schon vom Eröffnungsvortrag gelernt): Auch hier lässt sich nicht ein einzelnes Datum ausmachen, das den Untergang markiert, als ob da das Römische Reich kollabiert sei. Geschichtliche Umbrüche laufen in aller Regel in viel größeren Rhythmen.
Liebe Schwestern und Brüder, nach unserem Verständnis ist der auferstandene und erhöhte Christus auch der Herr über Zeit und Geschichte. Deshalb dürfen wir, ja müssen davon ausgehen, dass er uns nicht nur in seinem Wort und in den Sakramenten entgegenkommt, sondern auch in den Ereignissen der Geschichte, so schmerzlich sie auch sein mögen.
Versuchen wir, Christus darin zu entdecken und glauben wir daran, dass er es nach wie vor mit seiner Kirche gut meint, so wie er es dem Simon Petrus in Caesarea Philippi versprochen hat.
Amen.