„Bio – vita – life“ – all das ist „in“ in unserer Zeit. Ja, es wird geradezu kultisch verehrt – und dank genial-raffinierter Strategien von Werbefachleuten gewinnbringend vermarktet. Dass es um wirtschaftliche Interessen auch geht, wenn in den kommenden Tagen im Bundestag erneut die Stichtagsregelung für den Erwerb von Stammzellen beraten wird, die aus menschlichen Embryonen gewonnen sind, wird längst unverhohlen ausgesprochen. Forschung mit menschlichem „Material“ wie es verräterisch heißt – um den Preis, dass existierendes menschliches Leben getötet wird.
Ein Wert, ein Gut, für das alles nur Erdenkliche einzusetzen der Mensch bereit ist, wenn es darum geht, bedrohtes, krankes Leben zu retten.
Geht das um jeden Preis?
Als Christen sagen wir: nein!
Denn, wenn es um das Leben geht, ist das nie eine bloß allgemeine Sache, sondern es geht immer um ganz konkretes Leben mit Gesicht, / um Geschöpfe/ um die konkrete Person in allen Phasen ihres irdischen Daseins.
Wenn wir vom Leben sprechen, sehen wir uns trotz aller Fortschritte und Erkenntnisse der Forschung einem Geheimnis gegenüber; einem Geheimnis, von dem wir Christen immerhin sagen können, dass das Leben uns geschenkt ist von Gott, den wir als Schöpfer und einmal auch als Vollender dieser wunderbaren Gabe des Lebens glauben.
Wer aber an Gott glaubt, der muss nicht selber Gott sein wollen. Der spielt sich nicht auf zum Macher des Lebens, der maßt sich auch nicht an, über Menschenleben zu verfügen.
Für diesen Glauben, liebe Schützenbrüder und –schwestern, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, für diesen Glauben gilt es in unserer Zeit einzustehen. Für die Überzeugung: Ich verdanke mich nicht mir selbst. Gott steht am Anfang meines Lebens und er gibt meinem sterblichen Leben mit Ostern eine neue Perspektive!
Als die Schützenbruderschaften vor bald 800 Jahren im Gebiet unseres Bistums, vor allem an Rhein und Mosel, an Ahr und Nahe, aber auch in der Eifel und auf dem Hunsrück allmählich entstanden, da hatten sie sich von Anfang an neben ihrer wehrhaften Bedeutung als eine Gebetsbruderschaft verstanden.
Christlich-kirchliches Leben wollte und sollte sich auch im gesellschaftlichen spiegeln. Vielerorts, das erfahre ich immer wieder anlässlich meiner Besuche in den Pfarreien, vielerorts sind Sie sich in Ihren Schützenbruderschaften und Vereinen dieser Tradition bis heute bewusst. Dass Sie damit kirchlichem Leben über den Raum des Gotteshauses und die Feier des Gottesdienstes hinaus ein Gesicht geben, dafür danke ich Ihnen.
Wenn dazu traditionell vor allem die Begleitung der Fronleichnamsprozession und die Kirmes gehört, wo an die Stelle des „Beschützens“ heute stärker die des Ordnungsdienstes und der feierlichen Mitgestaltung getreten ist, sollte das Augenmerk nicht ganz von dem abgewandt werden, wofür es heute einzutreten gilt, was es zu schützen und zu bewahren gilt – nicht angesichts äußerer Gewalt sondern angesichts eines Bewusstseinswandels in unserer Zeit.
liebe Schwestern und Brüder, Sie merken: das Thema, das in diesem Jahr über den Hl.-Rock-Tagen steht, entbehrt nicht an Aktualität.
Der Leitartikel in der Osterausgabe unserer Bistumszeitung Paulinus hat sich dieses Themas angenommen unter dem Titel: „Schrecklich unsterblich oder glorreich auferstehen“ – und auch eine seriöse Tagespresse ist darum bemüht, die Tragweite einer Stichtags-Neuregelung deutlich zu machen.
Es geht um den Schutz menschlichen Lebens und nicht um eine Wissenschaftsfeindlichkeit der Kirche, der katholischen insbesondere, das würde die historischen und sachlichen Gegebenheiten verkennen. Denn die Naturwissenschaften sind nicht zufällig im Raum einer vom jüdisch-christlichen Schöpfungsglauben geprägten Kultur entstanden. Und Gregor Mendel, der Entdecker und „Urvater“ der Genetik, war Mönch.
Niemand wird wohl den Wert der Fortschritte verkennen, die in der Medizin errungen worden sind, um schwere Krankheiten und Leiden zu lindern oder gar zu heilen.
Und doch bleiben Grenzen; wir würden uns selbst etwas vormachen, wenn wir so tun, als sei alles machbar in Bezug auf das Leben; als seien Alterung, Krankheit und Tod irgendwann vom Menschen besiegbar, als sei Leben nur die Frage des Überlebens.
Eine solche Haltung würde nicht nur den Ursprung des Menschen in Gott, sondern auch seine Erlösungsbedürftigkeit durch Gott leugnen.
Wir Christen glauben, dass in Jesus Christus Gott in unserer Haut steckt, dass Gott sich in ihm als einer von unserem Fleisch und Blut zeigt.
Er, ein Mensch wie wir, ist das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes und zugleich Urbild des Menschen.
In ihm erkennen wir: Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild und als solches geschaffen. Keiner ist Zufallsprodukt oder Geschöpf von menschlichen Gnaden. Vielmehr bist Du und ich von Gott erwünscht, bejaht und gerechtfertigt – ganz unabhängig, was wir als einzelne mit unserem und in unserem Leben machen, - ganz gleich welches Bild eines Übergewichtigen oder einer Magersüchtigen uns beim Blick in den Spiegel anschaut.
Papst Benedikt beschreibt das in seiner zweiten Enzyklika über die christliche Hoffnung sehr eingehend, wenn er sagt: „Nicht die Wissenschaft erlöst den Menschen. Erlöst wird der Mensch durch die Liebe.“ – Liebe, die den Sohn Gottes das Leben kostete, das zu geben er bereit war.
Vielleicht ist die Situation der Jünger nach dem Kreuzestod Jesu von der unseren gar nicht so verschieden. Auch die Ostergeschichte, die wir eben im Evangelium gehört haben, es ist schon die dritte Begegnung mit dem Auferstandenen, lässt die Jünger nicht unmittelbar erkennen und begreifen.
Sie gehen fischen. Sie tun, was sie gelernt haben. Das Gewohnte gibt ihnen Halt in ihrer Unsicherheit. Denn Jesus war tot und ist ihnen erschienen, aber sie begreifen noch nicht, was das für ihr Leben bedeutet. Doch auch das Fischen, das Gewohnte, bleibt erfolglos, die Netze leer.
Sie brauchen den neuen Morgen und den, der ihnen zeigt, wo die Fische sind.
Erst dann geht ihnen ein Licht auf. Und sie erkennen, wer ihnen die Netze füllt – und: wer sie selbst erfüllt. Jetzt wird ihr Leben sinnvoll, weil sie ihn erkennen, seine Worte hören, seine Einladung annehmen: Kommt her und esst!
Eine wunderbare Begegnung, die neu mit Hoffnung erfüllt und sie als Jünger hinaus gehen lässt, von dieser Hoffnung Zeugnis zu geben.
Auch wir brauchen - über alle Erkenntnisse der Wissenschaften hinaus - die Erfahrung eines neuen Morgen; um zu erkennen wer uns erfüllt, unser Leben sinnvoll macht;
die Begegnung mit dem, der jetzt in dieser Stunde uns einlädt: Kommt her und esst.