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Eine umstrittene esoterische Geistheiler-Gruppe :Der "Bruno Gröning-Freundeskreis"

"Hilfe und Heilung auf geistigem Weg durch die Lehre Bruno Grönings"?
Datum:
19. Januar 2017
Von:
Bistum Trier

Der "Bruno Gröning-Freundeskreis"  heißt offiziell "Kreis für geistige Lebenshilfe e.V". Er wurde 1979 von Grete Häusler gegründet, die nach eigenen Angaben 1950 bei einem Besuch eines Vortrags von Bruno Gröning drei Spontanheilungen erfuhr. Sie stand bis zu ihrem Tod 2007 an der Spitze des Vereins, seit dem wird er von ihrem Sohn Dieter Häusler geleitet. Die "Internationale Kontaktstelle" des "Bruno Gröning-Freundeskreises" befindet sich Thalmassing, Landkreis Regensburg.

In vielen Orten nicht nur im deutschsprachigen Raum treffen sich inzwischen Gruppen des Bruno Gröning-Freundeskreises zu regelmäßigen "Gemeinschaftstreffen". Ihre Zahl nimmt, von der Öffenlichkeit weitgehend unbeachtet, immer weiter zu. Im Bereich des Bistums Trier sind vor allem die Bereiche Merzig, Saarlouis, Schwalbach, Völklingen und Saarbrücken Schwerpunkte der Aktivitäten des Bruno Gröning-Freundeskreises, ebenso der Bereich Trier: Dort hat der Verein ein eigenes Zentrum. Auch in Belgien, Frankreich, Österreich, der Schweiz und in den USA gibt es Gruppen des Bruno Gröning-Freundeskreises. Unter der Überschrift "Hilfe und Heilung auf geistigem Weg durch die Lehre Bruno Grönings - medizinisch beweisbar"  führt die "Medizinisch-Wissenschaftliche Fachgruppe im Bruno Gröning-Freundeskreis" bundesweit regelmäßige Werbeveranstaltungen durch. Eigene Angebote sollen bereits Kinder und Jugendliche mit den Vorstellungen und Praktiken des Vereins vertraut machen. Auch als "alternativer Weg aus der Sucht" wird die "Lehre Bruno Grönings" beworben. Ein eigener Verlag publiziert die Schriften des Vereins, zusätzlich wurden bereits zwei Filme produziert, mit denen für die Aktivitäten des Vereins geworben wird: Der Spielfilm "Der Wunderapostel" und der fünfstündige Dokumentarfilm "Das Phänomen Bruno Gröning."

Wer war Bruno Gröning?

Werbeveranstaltung in Saarburg März 2005

Wer war Bruno Gröning, auf den sich der Bruno Gröning-Freundeskreis beruft und der bereits 1959 im Alter von 53 Jahren an einem Krebsleiden verstarb? Er wurde 1906 in Danzig geboren. Nach einem abenteuerlichen Leben als junger Mann brach er eine Zimmermannslehre ab, wurde Bote in seiner Heimatstadt, versuchte sich als Hafenarbeiter und arbeitete schließlich in Lack-, Zucker- und Schokoladenfabriken, später in einer Metallfabrik.

1943 wurde er in die Wehrmacht eingezogen und kehrte 1946 aus der russischen Gefangenschaft zurück. Nach dem Krieg war er als Vertreter für Lacke und Farben, sowie als Radio- und Uhrenmechaniker tätig. 1948 trat Bruno Gröning zum ersten Mal an die Öffentlichkeit, nachdem er angeblich die Nichte seiner Hauswirtin in Dillenburg "geheilt" hatte. Diese Hauswirtin sorgte für die Verbreitung der Nachricht über die "göttlichen Kräfte" Bruno Grönings.

Ein Ingenieur aus Herford, dessen achtjähriger Sohn an Muskelschwund litt, hörte von den Wundertaten Bruno Grönings. Er ließ seinen Sohn von ihm "behandeln". Die Tatsache, daß der Kranke nach Grönings "Behandlung" wieder einige Schritte gehen konnte, wertete der Vater als Heilung. Dieses in der Fachmedizin bekannte Phänomen des Auf und Ab in Krankheitsverläufen ist nichts Außergewöhnliches. Tritt in solchen Phasen ein "Wunderheiler" auf, so wird die Änderung im Krankheitsbild in der Regel direkt auf den Einfluß des Wunderheilers zurückgeführt. Dieser Ingenieur stellte sein Vermögen in den Dienst der Verbreitung des Werks um Bruno Gröning. Der von Gröning "behandelte" Junge starb 1955, erst 16-jährig, an seiner Krankheit.

Öffentlich verbreitet über Mundpropaganda und Sensationsberichte in der Presse wurden jedoch nur "die wunderbar heilenden Kräfte" Bruno Grönings. Sie führten bald zu Massenversammlungen von Kranken, die nun bei ihm ihre Heilung suchten.

Nachdem er in Nordrhein-Westfalen Auftrittsverbot erhielt, zog er zunächst nach Rosenheim, dann nach Hamburg um. Menschenmassen folgten ihm, auch kritische Stellungnahmen namhafter Mediziner, die die Heilungen als Form von Massensuggestion beschrieben, schmälerten den Glauben an die wundersamen Fähigkeiten Bruno Grönings nicht. Bruno Gröning selbst sah sich von Gott gesandt und gab an, er heile mit göttlicher Kraft in Erfüllung des Willens Gottes.

Untersuchungen der Heilungsphänomene unter wissenschaftlich kontrollierten Bedingungen lehnt er ab. Auf der Pressekonferenz im Spielsaal des "Traberhofes" in Rosenheim am 31. August 1949 führte Bruno Gröning unter anderem aus: "Sie brauchen nicht zu mir zu kommen und Beweise verlangen, das habe ich nicht nötig, das brauche ich nicht. Sie liegen in der Heilung schon drin. Ich habe alles unternommen, Menschen zu helfen".

1954 erhält Gröning Auftrittsverbot in der gesamten Bundesrepublik und es wird ihm jede Heilertätigkeit untersagt. Er wird daraufhin Heilpraktikergehilfe, um weiter "heilen" zu können. Dabei benutzt er auch die Stanniolkugeln, in denen sich angeblich seine Heilkräfte konzentrieren sollen.

Wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz und wegen fahrlässiger Tötung wird Bruno Gröning 1958 in München angeklagt und zu einer Geldstrafe sowie Haft auf Bewährung verurteilt. Den Ausgang der Revisionsverhandlung hat er jedoch nicht mehr erlebt.  Er stirbt am 26. Januar 1959 in einer Klinik in Paris an Krebs und wird auf dem Friedhof in Dillenburg beigesetzt. Das Gerichtsverfahren wird nach seinem Tod eingestellt. Sein Grab ist heute eine Art „Wallfahrtsort“ für seine Anhänger.

Die Lehre vom "Heilstrom"

Im Zentrum der Lehre, die vom "Bruno Gröning-Freundeskreis" als die Lehre Bruno Grönings verbreitet wird, steht die Vorstellung eines "göttlichen Heilstroms".  Dieser Heilstrom wird demnach aus dem Jenseits durch Bruno Gröning hindurch direkt an Menschen weitergegeben. Nur wer an die Existenz dieses Heilstroms glaubt, kann ihn auch empfangen. In der Schrift "Bruno Gröning. Einführung in seine Lehre", (herausgegeben im Verlag Grete Häusler, Hennef Sieg 1992) heißt es: "Wer die geistigen Kräfte und ihren Einfluß auf den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand leugnet, wird Bruno Grönings Heilkraft und ihre Wirkung nicht verstehen und sie aus nachstehenden Gründen auch nicht empfangen können". (S. 25)

Mit dieser Vorstellung eines "Heilstroms" ist auch die Vorstellung von der Ursache aller Krankheiten verbunden: Sie bestehen demnach aus Störungen, Lähmungen oder sonstigen Hemmungen im Gesundheitsrhythmus, die durch die Wirkung des Heilstroms angeblich wieder auf ihre "gesunde und normale Schwingungszahl" (S. 31) gebracht werden:  „Der Strom heilt jede Krankheit, jedoch nicht jeden Kranken“ (S. 27). Voraussetzung ist, " dass die Einstellung des Kranken dem Strom keine Hindernisse entgegenstellt". (S. 31/31). Diese sogenannte Eigenstrahlung, die angeblich jeder Mensch hat, kann eine Heilung verhindern. Nicht nur das: Auch Zweifel, abfällige Meinungen und böswillige Urteile zu Bruno Gröning können eine Heilung und Gesundung unmöglich machen und auch nachträglich wieder zerstören. (S. 22/ 36-37)

Auch "aufgeladene" Stanniolkugeln kommen zum Einsatz. "Sie (die Kugel) ist von ihm selbst geformt und mit seinem Strom geladen. Sie ist mit ihm magnetisch ständig in Verbindung und stellt gewissermaßen einen Zwischensender dar, der die Heilkraft in gleicher Weise und im selben Charakter ausstrahlt, wie es bei Bruno Gröning selbst der Fall ist". (S. 32)

Kritische Anmerkungen aus christlicher Sicht

Die Lehre und Vorstellungswelt des Bruno Gröning-Freundeskreises  ist aus christlicher Sicht eine  esoterische Weltanschauung,  die mit dem christlichen  Gottes-, Welt- und Menschenbild  nicht in Einklang gebracht werden kann.

Der Bruno Gröning-Freundeskreis grenzt sich zwar gegenüber den christlichen Kirchen nicht ab: „Jeder soll in seiner Kirche bleiben“, ist ein Standardsatz in den Gemeinschaftsstunden. Dennoch übernimmt Bruno Gröning für seine Anhänger die Funktion des Mittlers zu Gott. Er wird als von Gott gesandt angesehen und um Hilfe und Fürsprache gebeten: "Er ist der Helfer in der Not, erlöst uns aus der Sünde Tod, nimmt alles Böse einfach fort, so mächtig ist dies Mannes Wort", heißt es in einem Lied des Bruno Gröning-Freundeskreises. Über seine Heilslehre führt demnach der Weg zu Gesundheit, irdischem Wohlergehen und zu „Gott Vater“. Er tritt damit nach christlicher Vorstellung an die Stelle Jesu Christi.

Die Frage nach Heil und Erlösung wird, im Unterschied zum christlichen Verständnis, auf die Frage nach Gesundheit und Krankheit reduziert. Nach der Lehre des Bruno Gröning-Freundeskreises ist die Ursache für eine ausbleibende Heilung ausschließlich im kranken Menschen selbst zu suchen, der, bewußt oder unbewußt, das Wirken des göttlichen Heilstroms verhindert. Jeder Mensch ist also selbst für seine Krankheit und eine ausbleibenden Heilung verantwortlich. 

Das christliche Menschenbild dagegen sieht Gesundheit und Krankheit völlig anderes. Auf die Frage woher die Krankheit kommt, gibt es im christlichen Glauben keine eindeutige Antwort, sie bleibt letztlich ein Geheimnis. Krankheit gehört zum Menschsein in seiner Vorläufigkeit und Unvollkommenheit und hat vielfältige Ursachen. Gesundheit ist weder Verdienst noch selbstverständliche Normalität des Lebens. Der Glaubende ist in Gesundheit wie Krankheit im Vertrauen auf Gottes stärkende, tröstende und auch heilende Gegenwart verwiesen. Wo Heilung geschieht, soll dies dankbar angenommen werden. Gesundheit ist nach christlicher Vorstellung ein Geschenk, nicht das Ergebnis erfolgreicher Anstrengung.

Die Aussicht auf schnelle Heilungen durch einen kosmischen "Heilstrom", wie sie im Bruno Gröning-Freundeskreis in Aussicht gestellt werden, kennt die Bibel ebenso wenig wie die angebliche Möglichkeit der Aktivierung eines kosmischen Energiepotentials durch bestimmte "Einstellungen" und Körperhaltungen.

Die Fixierung auf die Vorstellung eines "Heilstroms" kann vielmehr dazu führen, daß die rechtzeitige ärztliche Behandlung von seelischen oder körperlichen Leiden versäumt oder sogar abgelehnt wird.

Auch die ständige Ermahnung, dass negative Einstellungen, Kritik und Zweifel, ja sogar der Kontakt mit anders Denkenden einen erwarteten Heilungsprozeß verhindern oder eine bereits erfolgte Heilung rückgängig machen können, kann dazu führen, dass Anhänger dieser Vorstellung sich in eine gefährliche Isolation manövrieren. Es kann sogar eine zerstörerische Wirkungen auf Ehe und Familie haben, wenn sich nicht alle Familienmitglieder unkritisch-gläubig den Vorstellungen des Bruno Gröning-Freundeskreises zuwenden.

Erstellt: 01.04.1996 - Zuletzt bearbeitet: 19.01.2017
Verwendete Literatur: s. Literaturangaben im Kasten unten

Weitere Informationen

Internetseiten, die sich kritisch mit dem "Bruno Gröning-Freundeskreis" auseinandersetzen

Der Bruno Gröning - Freundeskreis. Eine problematische Heilungsbewegung (2000),
Materialdienst "Weltanschauung" des Bistums Augsburg, Fachbereich Religions- und Weltanschauungsfragen
Diese Veröffentlichung finden Sie hier (PDF-Datei)

Bruno Gröning-Freundeskreis, Lexikon der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin

Informationen zum Bruno Gröning-Freundeskreis auf der Seite der schweizerischen Evangelischen Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen

Offizielle Homepage des "Bruno Gröning-Freundeskreises"

Kurzinformation:

Andreas Fincke/ Matthias Pöhlmann, Kompass Sekten und religiöse Weltanschauungen. Ein Lexikon. Gütersloher Verlagshaus 2004, S. 40-43.

Ausführliche Darstellungen:

Matthias Pöhlmann/ Christine Jahn (Hg.), Handbuch Weltanschauungen, religiöse Gemeinschaften, Freikirchen, Gütersloher Verlagshaus 2015, S. 446-454

Baer, Harald / Gasper, Hans / Sinabell, Johannes / Müller, Joachim (Hrsg.), Lexikon neureligiöser Bewegungen und Weltanschauungen:
Lexikon neureligiöser Bewegungen, esoterischer Gruppen und alternativer Lebenshilfen, ISBN : 978-3-451-06053-3, Herder Spektrum 6053, Freiburg 2010, S. 41-43

Monica Black, Deutsche Dämonen. Hexen, Wunderheiler und die Geister der Vergangenheit im Nachkriegsdeutschland. ISBN: 9783608984156, Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2021.  Rezension von Oliver Pfohlmann in der NZZ