Das Bistum Trier hat ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt. "Paulinus"-Chefredakteur Bruno Sonnen hat bei Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg nachgefragt.
Welche Reaktionen haben Sie auf die Veröffentlichung des Haushaltssicherungkonzepts bekommen?
Zunächst einmal: Viele Bistümer in Deutschland stehen vor den gleichen Herausforderungen wie wir. Insofern tritt das Thema Kostensenkung nicht zum ersten Mal und nicht überraschend auf. Wir haben das Konzept zunächst intern bekannt gemacht und sind durchaus auf Verständnis gestoßen. Positiv wurde mehrfach zurückgemeldet, dass wir im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, aber auch der karitativen Dienste nicht so stark reduzieren ... weiterlesen
Die katholische Kirche, nicht nur in Deutschland, steht vor sehr großen Veränderungen. Dies betrifft uns im Bistum Trier auch. Wir haben einen Prozess gestartet, der diesen Herausforderungen gerecht werden soll. Er lässt sich überschreiben mit: Bewahren - loslassen - entwickeln.
Bewahren klingt angesichts einer Welt, die sich so schnell und grundlegend verändert, womöglich rückwärtsgewandt. Es geht um etwas anderes: Wir sind eine Gemeinschaft mit einer langen Geschichte; wir sind eine Organisation, die seit Jahrhunderten das Leben der Menschen in unserer Region prägt. Wir sind seit vielen Jahrhunderten Kirche an der Seite der Menschen. Wir sind außerdem Partnerin von Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft. Wir werden allerdings zukünftig stärker fokussieren müssen: Was ist der wesentliche Kern unserer Aufgaben im konkreten Hier und Heute? Wie können wir auch künftig unserem Auftrag gerecht werden?
Gerade die letzten Jahre haben uns gezeigt: Die Pandemie hat uns in unserer Freiheit eingeschränkt. Bei der schrecklichen Flutkatastrophe im vergangenen Jahr haben wir die Verwundbarkeit unserer Zivilisation auf dramatische Weise erlebt. Ein Krieg auf unserem Kontinent war bis vor wenigen Monaten noch unvorstellbar. Die daraus resultierende Energiekrise und die Preissteigerungen fordern uns massiv heraus. Wir müssen uns verabschieden von einer Situation der unerschütterlichen Stabilität. Wir müssen lernen loszulassen.
Der demografische Wandel trifft uns als Gesellschaft insgesamt. Wir in der Kirche spüren zusätzlich die rückläufigen Zahlen der Gläubigen – und damit auch die Zahlen derer, die einen pastoralen Beruf lernen wollen. Die Gründe hierfür sind hinlänglich bekannt. Die Folge sind fehlende Einnahmen aus der Kirchensteuer; sie werden massiv sein. Dies macht uns deutlich: Wir kommen an unsere Grenzen angesichts der vielfältigen Aufgaben.
Dass unsere bestehenden Strukturen mit vielen kleinen Pfarreien und einer Vielzahl von Immobilien den Bedarf übersteigen, sehen wir schon lange. Deshalb verändern wir unser Bistum durch den Zusammenschluss von Pfarreien und die Bildung von Pastoralen Räumen. Dazu kommt, dass wir in den vergangenen Jahren das jeweilige Geschäftsjahr mit finanziellen Verlusten abgeschlossen haben. Unsere Rücklagen schmelzen. Wir sind an einem Punkt angekommen, der uns zum Handeln zwingt.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was wir wie entwickeln wollen und können. Wir wollen auch in Zukunft aus der Frohen Botschaft Jesu Christi heraus mit unseren seelsorglichen, diakonischen und missionarischen Angeboten nahe bei den Menschen sein. Wir wollen als Kirche im Bistum Trier im Rahmen unserer Möglichkeiten eine verlässliche Partnerin für Politik und Gesellschaft sein.
Mit diesem Anspruch haben wir im Bistum ein Konzept zur Haushaltssicherung erarbeitet, das sich an den Kriterien orientiert, die sich aus den Ergebnissen der Diözesansynode ableiten lassen.
Wir wollen vielfältige diakonische und missionarische Orte von Kirche ermöglichen und stärken. Wir wollen Menschen in unseren Pfarreien, in den Pastoralen Räumen und darüber hinaus vernetzen und mit ihnen Gemeinschaft bilden: auf Pfarreiebene, in Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen, Gefängnissen, Hospizen. Wir wollen kirchliches Leben erneuern und dabei unsere Traditionen nicht vergessen.
Das Haushaltssicherungskonzept orientiert sich aber natürlich auch an betriebswirtschaftlichen Kriterien. Bei der Prüfung unserer Angebote und Handlungsfelder haben wir entschieden, dass wir die bisherige Vielfalt so qualitativ hochwertig wie möglich weiterführen möchten. Es wird Kostensenkungen in nahezu allen Handlungsfeldern geben, ohne dass wir sie gänzlich aufgeben werden. Die Höhe der Einsparvolumina richtet sich nach den Schwerpunkten unserer strategischen Ausrichtung.
Eine sehr wichtige Ressource sind die Menschen, die sich beruflich in den Dienst der Kirche stellen. Diesen Menschen möchte ich versichern, dass wir im Zuständigkeitsbereich des Bistums keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen werden.
Manche der Maßnahmen, die wir mit dieser Broschüre vorstellen, sind schon konkret; andere bedürfen der Prüfung oder der Verhandlung mit Partnern. Manche greifen schon kurzfristig in einem der nächsten Jahre, andere sind längerfristig angelegt und kommen erst in einigen Jahren zum Tragen.
Statt eine Einrichtung zu schließen oder Angebote zu reduzieren, werden wir versuchen, Beteiligung an den Finanzierungen zu erreichen. Statt uns aus Bereichen zurückzuziehen, suchen wir Synergien mit anderen. Die notwendige Verwaltung, die der Pastoral dient, versuchen wir möglichst schlank aufzustellen.
Mir ist bewusst, dass wir den Gläubigen sowie unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit diesen Maßnahmen in den kommenden Jahren einiges zumuten. Weil ich aber zuversichtlich bin, dass die Maßnahmen uns helfen, auch zukünftig “da zu sein für Mensch und Welt”, wie wir auch unsere diakonische Kirchenentwicklung überschrieben haben, bitte ich Sie um Ihr Vertrauen und um Ihre Unterstützung.
Ihr
Ulrich von Plettenberg
Bischöflicher Generalvikar
Das hier vorliegende Haushaltssicherungskonzept informiert über die Hintergründe und nötigen Maßnahmen. Um die zielkonforme Umsetzung sicherzustellen, werden die bestehenden Instrumente und Strukturen zur Steuerung und Prognose angepasst und weiterentwickelt.
Wie bereits im Geleitwort erwähnt, werden sich die verabschiedeten Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzeptes unterschiedlich schnell auf die einzelnen Bereiche auswirken. Erste Entscheidungen sind bereits umgesetzt, andere bedürfen längerer Planungen. Um nachvollziehen zu können, wie effektiv die Maßnahmen zur Haushaltssicherung wirken, wird das Controlling des Bistums weiterentwickelt. Wie auch mit dem Kirchensteuerrat beraten, müssen sieben Anforderungen erfüllt werden (s. Abbildung).
Für jeden Funktionsbereich werden Budgets für die kommenden Jahre als Planwerte festgelegt. Dies ermöglicht im Rahmen einer SOLL-IST-Analyse Abweichungen frühzeitig festzustellen. Insbesondere der Leitungskonferenz des Generalvikariats und dem Kirchensteuerrat wird regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen berichtet, sodass bei Abweichungen und veränderten Prognosen nachgesteuert werden kann. Leitend für die Planungen sind zunächst die Zielbudgets für das Jahr 2035 und die Anforderung eines mindestens ausgeglichenen Haushalts 2026.
Konkrete nächste Schritte sind:
Wie an anderer Stelle im vorliegenden Konzept erwähnt, fällt die Umsetzung des Haushaltssicherungskonzeptes zeitlich mit einem Projekt zur Struktur- und Organisationsveränderung des Generalvikariats zusammen (vgl. Kap 5.9). Eine Anforderung aus dem vorliegenden Konzept an die Organisationsentwicklung ist unter anderem die Zuordnung klarer Entscheidungs- und Budgetverantwortlichkeiten. Folglich geht mit der Organisationsentwicklung eine umfangreiche Kulturveränderung einher.
Das vorliegende Konzept ist öffentlich. Es wird unterschiedliche Formate geben, über die Inhalte zu informieren und offene Fragen zu beantworten.
Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wird von den zuständigen Gremien und Räten in den nächsten Jahren fortlaufend begleitet.
Eine besondere Rolle in der Aufsicht über den Fortschritt der Entwicklungen kommt qua Satzung dem Kirchensteuerrat zu. Diesem wird in der Frühjahrs-Sitzung 2023 eine Mehrjahresplanung zur Umsetzung präsentiert, die die Planungen im vorliegenden Konzept konkretisiert.
Neben der Umsetzungsverantwortung in den definierten Funktionsbereichen und ihren Verantwortlichen liegt die darüberliegende Verantwortung für die Umsetzung des Haushaltssicherungskonzeptes in der Bischöflichen Verwaltung, konkret im Generalvikariat.
Die diözesanen Gremien und Räte, die ebenfalls durch ihre Beratungen Verantwortung für die Leitung der Diözese tragen, werden über den Fortschritt der Umsetzung informiert und bei notwendigen Entscheidungen gemäß ihrer Rolle eingebunden.
Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg hat am 26. Oktober in Trier das Konzept zur Haushaltssicherung für das Bistum Trier vorgestellt. Es trägt die Überschrift: “Bewahren - loslassen – entwickeln”. Bis 2035 will das Bistum mit verschiedenen Maßnahmen rund 110 Millionen Euro strukturell einsparen. Das Konzept sieht Kostensenkungen in unterschiedlichen Umfängen in nahezu allen Handlungsfeldern vor, ohne dass diese gänzlich aufgegeben werden, sagte der Generalvikar.
Zur Pressemeldung
Rund 150 Vertretungen von Diözesanen Räten, Dekanaten und Pastoralen Räumen, Berufsgruppen, Verbänden und Institutionen im Bistum Trier haben am 13. und 14. Mai in St. Maximin in Trier den weiteren Fortgang der diözesanen Haushaltssicherung besprochen. Anhand von durch die Lenkungsgruppe unter Leitung von Generalvikar Dr. Ulrich von Plettenberg erarbeiteten Thesen wurden einzelne Handlungsfelder im Bistum Trier aus Kostensicht beraten (zur Pressemeldung).
Bis zum Frühsommer dieses Jahres (2022) soll das Konzept zur bistumsweiten Haushaltssicherung stehen. Maßgeblich für die inhaltliche Bewertung einzelner Handlungsfelder sind sechs Kriterien. Direktorin Mechthild Schabo erklärt die Handlungsfelder und den Kriterien-Katalog zur Haushaltssicherung im Interview.
Mehr lesen im Interview mit der Nachricht vom 31. Januar 2022
„Notwendig“: Dieses Wort stand in der Mitte der „Wortwolke“, die die Teilnehmenden am Ende ihrer Beratungen über den Prozess der Haushaltssicherung entstehen ließen. Bischof Dr. Stephan Ackermann und Generalvikar Dr. Ulrich von Plettenberg haben die Rahmenbedingungen dieses Prozesses beim Treffen mit den diözesanen Räten (Pastoral-, Katholiken-, Priester- und Kirchensteuerrat), Dechanten und Vertretungen von Berufsgruppen, Einrichtungen und Diensten in der ehemaligen Reichstabtei St. Maximin in Trier am 8. und 9. Oktober beraten.