Stellungnahme des Katholikenrats zur Situation der Geflüchteten aus der Ukraine
Millionen von Menschen fliehen derzeit vor dem Krieg in der Ukraine, darunter viele allein reisende Mütter mit Kindern. Viele Geflüchtete kommen in den Anrainerstaaten, vor allem in Polen, bei Verwandten oder Freunden unter und hoffen, dass der Krieg bald ein Ende nimmt und sie in die Heimat zurückkehren können. Doch je länger der Krieg anhält, je größer die Zerstörungen sind, desto unwahrscheinlicher wird die Rückkehr in das alte Leben und desto mehr Menschen werden auch die Weiterreise nach Deutschland antreten. Die Geflüchteten – und auch wir – werden uns darauf einstellen müssen, dass dies dann ein längerfristiger Aufenthalt wird.
Die Hilfsbereitschaft in den Aufnahmeländern ist derzeit überwältigend. Viele Menschen stellen Unterkünfte bereit, spenden Kleidung, Lebensmittel, Geld, uvm., bieten Fahrdienste, Unterstützung bei den Ämtern oder Deutschkurse an. Dieses Engagement ist ohne Zweifel großartig! Dabei spielt sicher eine Rolle, dass der Krieg in Europa, sozusagen vor der eigenen Haustür, besonders erschreckt, und dass man sich den Menschen aus der Ukraine, mit denen man gemeinsame, europäisch geprägte, kulturelle und christliche Wurzeln teilt, eng verbunden fühlt.
Es wäre in dieser Situation jedoch fatal, würden wir einen Unterschied zwischen geflüchteten Menschen machen: hier die „guten“ Flüchtlinge aus der Ukraine, dort die etwas „fremderen“ aus Syrien, Afghanistan oder Afrika… Die wunderbare, großzügige, herzliche Willkommenskultur, die wir derzeit allerorten beobachten, sollten wir daher nicht nur den Menschen aus der Ukraine, sondern allen Flüchtlingen entgegenbringen. Geflüchtete in solche erster und zweiter Klasse einzuteilen, entspricht nicht unserem christlichen Menschenbild.
Insbesondere müssen wir darauf achten, vulnerable Gruppen zu schützen. Dazu zählen auch junge Frauen und Mütter mit Kindern. Leider mehren sich die Berichte, dass nicht nur wohlmeinende Personen geflüchteten Menschen kostenlose Unterkünfte anbieten. Es kommt auch zu finanzieller oder sexueller Ausbeutung der oft traumatisierten Frauen und Mädchen. Daher fordern wir eine lückenlose Registrierung an den Ankunftsbahnhöfen nicht nur der Geflüchteten, sondern auch der Kontaktdaten derjenigen, die diese Menschen aufnehmen. In den Kommunen und Pfarreien sollte darauf geachtet werden, dass geflüchtete Menschen, die nicht bei Verwandten unterkommen, wo immer dies möglich ist, in abgeschlossenen Wohneinheiten mit eigenen sanitären Einrichtungen und Schlafräumen untergebracht sind.
Nicht zuletzt ist es wichtig, dass alle Geflüchteten sich zeitnah bei den zuständigen Behörden registrieren. Viele Kreise und Kommunen haben vereinfachte Formulare und Prozesse für die Geflüchteten aus der Ukraine entwickelt, um die bürokratischen Hürden gering zu halten. Menschen aus der Ukraine können sich zwar zunächst 90 Tage ohne Visum in Deutschland und der EU aufhalten, aber erst mit der Registrierung haben sie Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsdiensten, Deutschkurse, etc. und sie erhalten eine längerfristige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Für die aus akuter Lebensgefahr geflüchtete Menschen mag eine Registrierung nicht die oberste Priorität darstellen, sie ist aber essentiell, falls der Krieg und die Situation in der Ukraine doch keine schnelle Rückkehr erlauben.
Zusammenfassung – Unsere Forderungen
An den Staat und die Behörden:
An Pfarreien, Vereinen und anderen Organisationen sowie die Ehrenamtlichen:
Weiterführende Informationen:
Esther Mertes, esther.mertes(at)bgv-trier.de
Simone Thiel, simone.thiel(at)bgv-trier.de
Annika Frank, frank-a(at)caritas-trier.de