Profanierung der Kirche in Groß-Hemmersdorf:Abschied von St. Nikolaus


Siersburg-Hemmersdorf – Nach fast 550 Jahren endet die Geschichte der katholischen St. Nikolaus-Kirche in Hemmersdorf: Am 29. Juni wurde das Gotteshaus durch ein Dekret des Trierer Bischofs Stephan Ackermann für profan, also entwidmet, erklärt. In einem bewegenden Gottesdienst haben rund 150 Gläubige Abschied von ihrer Kirche genommen. Die Eucharistiefeier, die von den Männergesangsvereinen Hemmersdorf und Rehlingen musikalisch gestaltet wurde, fand auf dem Kirchenvorplatz statt, denn aus Sicherheitsgründen darf die Kirche seit April 2016 nicht mehr genutzt werden. Neben dem Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg nahmen auch Dekan Olaf Harig, Pfarrer Ingo Flach, der ehemalige Pfarrer von Hemmersdorf Herbert Gräff, Kooperator Bernhard Bollig und Diakon Ulrich Bruch sowie der Siersburger Bürgermeister Joshua Pawlak und Ortsvorsteher Dietmar Zenner am Abschieds-Gottesdienst teil.
„Es ist kein schöner Tag für Hemmersdorf, insbesondere für Groß-Hemmersdorf“, bekannte Andreas Pohl, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates der Pfarrei Niedtal zu der die Pfarrbezirke Fürweiler, Niedaltdorf, Siersburg und Hemmersdorf gehören. Bauschäden am Kirchengebäude, der Rückgang der Kirchgänger, die sinkende Zahl der Seelsorger und die finanzielle Gesamtsituation der Kirche hätten die Mitglieder der pastoralen Räte „schweren Herzens“ dazu gebracht, am 2. November 2023 die Profanierung von St. Nikolaus beim Bischof zu beantragen. „Wir haben es uns wahrlich nicht einfach gemacht. Jahrzehntelang prägte St. Nikolaus das Leben und den Alltag aller Groß-Hemmersdorfer Familien. Über Taufe, Kommunion, Firmung, Trauung bis hin zur Beerdigung auf dem neben der Kirche gelegenen Friedhof war die Kirche Mittelpunkt der Menschen. Ich kann den Schmerz, die Enttäuschung, die Trauer und auch die Wut aller verstehen, die sich alleingelassen fühlen. Und dennoch: Es gab keine Alternative zur Profanierung“.

„Unvermeidlich“ nennt auch Hans Josef Krämer vom Verwaltungsrat die Entwidmung. „Durch einen großen Verputzabriss an der Emporendecke, Farbschollenabrisse und weitere Schäden im gesamten Innenbereich konnte die Kirche nicht mehr genutzt werden“, sagt Hans Josef Krämer, Mitglied des Verwaltungsrats. Darüber hinaus zeigten sich weitere Schäden an der Dacheindeckung, am Innenputz und den Fenstern. Zudem ist die Heizungssteuerung defekt. Zum Zeitpunkt der Schließung fand pro Woche ein Werktagsgottesdienst statt – mit nur wenigen Besuchern. Grund dafür seien auch die fehlende Parkmöglichkeit sowie kein behindertengerechter Zugang.
„Mit dem Kirchengebäude verbinden wir Erlebnisse und Erinnerungen von der Taufe bis zum Sterben. Hier wird Gott und seine Nähe erlebbar und spürbar. Sie haben diese Kirche als ihre geistliche Heimat erlebt, haben hier Sakramente empfangen, Zuflucht gesucht in schönen und schweren Stunden, haben Kerzen entzündet für sich und andere Menschen. All das wird mit der Profanierung nicht mehr möglich sein“, sagte der Generalvikar in seiner Predigt. Doch Trost spende der zuvor als Lesung gehörte Paulus-Brief. „Es gibt keinen anderen Grund als den, der gelegt ist: Jesus Christus. Er ist der Boden, der uns Halt gibt: Ein Mensch, nicht ein Stein. Jesus steht zu uns, auch wenn alles um uns herum zusammenbricht, auch wenn diese Kirche mal nicht mehr sein wird. Er ist der Heilige, der in unser Leben hineinragt. Wir sind der Tempel Gottes. Er will uns in unseren Herzen, in unserem Leben, in unserer Gemeinschaft miteinander verbinden.“ Profanierung bedeute wörtlich, etwas außerhalb der Heiligkeit zu stellen. „Aber es heißt nicht, dass das Heilige entschwindet. Wir dürfen das Heilige auch in uns selbst hüten und bewahren. Lassen wir uns nicht entmutigen. Der Herr hat uns zugesagt: Er bleibt bei uns bis ans Ende dieser Welt. Er wird auch morgen und übermorgen hier unter uns in Hemmersdorf und vielen anderen Orten bleiben.“

Einigen Gottesdienstteilnehmern standen die Tränen in den Augen, als von Plettenberg am Ende des Gottesdienstes das Dekret des Bischofs zur Profanierung verlas. Die Reliquienplatte wurde bereits aus dem Hochaltar der Kirche entnommen. Während der Messe war die Reliquie des Heiligen Donatus, dem zweiten Patron der Kirche, in einer Monstranz ausgestellt. Reliquiar sowie die Statue des Heiligen Donatus werden in der Kirche St. Konrad eine neue Heimat finden. St. Konrad steht in Sichtweite in zirka 500 Meter Luftlinie Entfernung. Sie wird neues Gotteshaus für die Groß-Hemmersdorfer. Hier gibt es zudem behindertengerechte Zugänge sowie Parkmöglichkeiten.
Die Zukunft des denkmalgeschützten, nun ehemaligen Kirchengebäudes St. Nikolaus ist noch offen. „Eine kleine Gruppe engagierter Christen hat sich zur Aufgabe gemacht, das Kirchengebäude weiterhin als kulturellen Leuchtturm und Denkmal zu erhalten“, sagt Andreas Pohl vom Pfarrgemeinderat. Am 7. Juli, 18.30 Uhr, lädt die Gruppe „Wir für St. Nikolaus“ alle, die daran mitwirken wollen, zu einem Ideenaustausch ins Pfarrheim ein.
Info: Die Kirche St. Nikolaus: 1480 wurde die Kirche als kleine Kapelle errichtet. Chorraum war die jetzige Priestersakristei. Sie ist noch unverändert erhalten. Die jetzige Messdienersakristei war das Kirchenschiff darüber der Kirchturm. Er wurde 1867 abgetragen und an der jetzigen Stelle neu gebaut. Erweiterungen kamen in den Jahren 1710 und 1766 hinzu. Die jetzige Form erhielt sie mit der baulichen Erweiterung auf die doppelte Breite 1934. Anfang der 1950er Jahre wurden die erheblichen Kriegsschäden beseitigt. Ab 1975 erfolgte eine grundlegende Sanierung des Innenraumes einschließlich der Erneuerung von Heizung und Elektroinstallation.