Initiative in Pronsfeld stellt vernetzte Angebote für Senioren auf die Beine:Eine Menge Ideen für gutes Leben im Alter


Pronsfeld – In Pronsfeld müssen sich älter werdende Menschen nicht sorgen, dass sie abgehängt und vergessen werden oder dass es keine Angebote für sie gibt. Denn eine Initiative Haupt- und Ehrenamtlicher aus Pfarrei und Kommune hat die Zielgruppe fest im Blick und stellt eine ganze Reihe von Angeboten auf die Beine: Vom kostenlosen Fahrdienst zum Arzt, einem monatlichen Mittagstisch, über Plauderspaziergänge bis hin zu Kursen rund um digitale Medien. Dafür wurde die Gruppe 2024 mit einem von sieben Förderpreisen der Caritas-Stiftung „Menschen in Not“ für ihren Einsatz gegen die Einsamkeit und für ihre Unterstützung älterer Menschen ausgezeichnet und erhielt 20.000 Euro.
„Bei uns stand die Fusion von acht Pfarrgemeinden zur neuen Pfarrei Bleialf an. Wir haben im Pronsfelder Pfarrgemeinderat überlegt, wie es mit unserer Arbeit vor Ort weitergehen soll, was wir für Schwerpunkte setzen möchten. Da kam schnell als zentrales Anliegen die Seniorenarbeit auf, denn viele ältere alleinstehende Menschen sind so ein bisschen abgehängt“, skizziert die junge Gemeindereferentin Kerstin Trierweiler die Anfänge der Initiative. Tatsächlich leben 50 Prozent der älteren Menschen in den drei Gemeinden der Pfarrei Pronsfeld allein, meist in eigenen Häusern. Rund 25 Prozent der 980 Dorfbewohner ist 65 und älter. „Obwohl der Pfarrgemeinderat jährlich ein Sommerfest für sie organisiert und es auch regelmäßig Seniorennachmittage gibt, fehlte es doch an weitergehenden Informationen und Angeboten, so die einhellige Meinung der Arbeitsgruppe. „Gerade durch Corona sind viele Begegnungsmöglichkeiten weggebrochen und müssen erst neu belebt werden“, sagt Petra Schweisthal, Mitglied im Orts- und Pfarrgemeinderat.
Eine gut vernetzte Gruppe
Genau hier kam Alexander Flämig vom Caritasverband Westeifel ins Spiel. Seit der Flutkatastrophe 2021, die auch die Eifel nicht verschonte, arbeitet er als Fluthilfe- und Sozialraumkoordinator. Er ging auf den Pfarrgemeinderat zu und stellte Projekte vor, die er anderswo schon umgesetzt hatte. „Wir haben eine Gruppe zusammengestellt, mit der man sehr gut arbeiten kann“, sagt Flämig. Mit Gemeindeschwester Plus Renate Humble und Ortsbürgermeister Harald Urfels habe man sehr gute Kooperationspartner gefunden. „Das ist auch das Besondere an dieser Arbeitsgruppe. Hier ziehen alle an einem Strang, es versucht nicht jeder einzeln Seniorenarbeit zu machen, sondern wir bündeln das.“ Zunächst habe die Gruppe herausfinden wollen, was die Senioren brauchen, wo man besser vernetzen könne. „Dazu haben wir alle Dienstleister zu einem Treffen eingeladen, die in Kontakt mit alten Menschen kommen – vom Friseur, der Fußpflege oder dem Postboten bis zum Gärtner“, berichtet Trierweiler. „Es wurde klar, dass die Leute Einkaufsmöglichkeiten brauchen, sich Gesellschaft wünschen, Hilfe bei kleineren Arbeiten.“ So waren rasch zwei Schwerpunkte ausgemacht: Die Einsamkeit vieler alter Menschen und das Mobilitätsproblem.
Ein Stück Freiheit: Der Dorfbus für alle
Bürgermeister Urfels erzählt, es gebe schon länger einen Dorfbus, der für jeden da sei, der Bedarf habe. Egal wohin die Fahrt gehe, ob zu Veranstaltungsorten, zu Ärzten, sogar zu weiter entfernten Krankenhäusern – der Bus könne gerufen werden. Ein Ehrenamtlicher betrieb den Bus völlig selbstständig, fuhr die Leute sogar einmal die Woche zum Supermarkt im nächstgrößeren Ort. „Leider fiel er dann aber längere Zeit wegen Krankheit aus. Wir haben jetzt einen Automatik-Bus angeschafft, der das Fahren nun erleichtert, damit er weiter den Bus fahren kann.“ Der Fahrer habe in einer WhatsApp-Nachricht so dankbar reagiert, dass er jetzt noch Gänsehaut bekomme, sagt Urfels. Schweisthal fügt hinzu: „Jetzt können die Leute auf Eigeninitiative sagen: Wir fahren zum Kegeln oder Kartenspielen, auch mal ins Nachbardorf.“ Ihre Ehrenamtliche Mitstreiterin Franziska Ciganovic weist noch auf einen weiteren Punkt hin: „Viele wollen auch nicht immer der Familie zur Last fallen, da bedeutet der Bus ein Stück Freiheit und Selbstständigkeit.“
Plaudern beim Spazierengehen gegen die Einsamkeit
Als Angebot der Gruppe gegen Einsamkeit entstanden die „Plauderspaziergänge“, initiiert durch Gemeindeschwester Plus Renate Humble, die damit schon gute Erfahrungen in Prüm machte. Inzwischen werden sie komplett von drei Ehrenamtlichen um Ciganovic verantwortet. Es ist ein niederschwelliges Angebot, rund 15 Leute sind im Schnitt mit von der Partie, alle sind willkommen, unabhängig von Religion oder Wohnort. „Manchmal merken die Teilnehmenden durch die guten Gespräche gar nicht, dass sie schon zwei Kilometer gegangen sind und sind richtig stolz“, sagt sie. Den Ausklang finden die Spaziergänge in Cafés im Dorf. Männer seien eher „Mangelware“ bei den Spaziergängen“, doch auch da hat die kreative Gruppe schon Ideen, wie künftig auch die Männer noch mehr eingebunden werden können, sagt die Ehrenamtliche Petra Urbanus vom Lokalen Team der Pfarrei. „Das gefällt mir so gut hier an unserer Gruppe, dass einfach mal gemacht wird und nicht stundenlang diskutiert, wie man das sonst oft hat“, sagt Bürgermeister Urfels.
Austausch und Kontakt beim erschwinglichen Mittagessen
So war es auch mit dem monatlichen Mittagstisch. Geplant war, dass die Küche der benachbarten Kita, die die Hort-Kinder versorgt, auch den Mittagstisch für die Senioren im Bürgerhaus mit bereitstellen kann. Bis die Küchen-Kapazitäten ausgebaut sind, wird der Mittagstisch derzeit über ein Gasthaus im Nachbarort übernommen, das einen fairen Preis bietet und sogar den Bringservice organisiert. In der Regel gibt es 12 Anmeldungen. „Auch hier bieten sich wieder gute Kontaktmöglichkeiten, auch für Zugezogene, einfach mal Leute kennenzulernen und ein erschwingliches Mittagessen zu bekommen“, berichtet Petra Schweisthal. Um Austausch, Erzählen und Erinnerungen geht es auch bei der Interviewreihe, die Gemeindereferentin Trierweiler gemeinsam mit der ortsansässigen Journalistin Stefanie Glandien durchführt. „Wir animieren die Senior*innen dazu, ihre Lebensgeschichten zu erzählen, über wichtige Ereignisse im Ort zu berichten und bewahren so ihre ‚Schätze‘,“ erläutert Trierweiler. Und weil in Pronsfeld ein Rad ins andere greift, kommen hier auch die digitalen Kümmerer ins Spiel, die die Gruppe ebenfalls in einigen Ehrenamtlichen gefunden hat und die bei digitalen Problemen Hilfestellung geben und sei es nur, wie man auf eine Homepage zugreift und die Folgen anhören kann.
Infoveranstaltungen rund ums Älter werden
Daneben gibt es auch regelmäßig Infoveranstaltungen zum Thema „Älter werden“: Einmal informierte die Polizei zu Betrugsarten am Telefon, beim nächsten Mal ging es um alternative Wohnformen im Alter, dann standen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im Fokus. Flämig gibt einen Ausblick, was als nächstes ansteht: Am 29. August lädt die Gruppe noch einmal Gewerbetreibende, Dienstleister, Vereinsvorsitzende, Pfarreienratsmitglieder ein, um nochmal mehr zu vernetzen. „Es gibt vielleicht einen Handwerker, der sagt, ich möchte gerne helfen, aber nicht unbedingt beim Plauderspaziergang, sondern wenn Senioren Bedarf bei kleineren handwerklichen Arbeiten haben. Wir nehmen alle mit ins Boot“, lacht Flämig.
Mehr Informationen über die Angebote gibt es auf der Homepage: www.pronsfeld-eifel.de.