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Barrierefreiheit - Bei Gebäuden

Eine Frau geht durch eine geöffnete Eingangstür. Sie schiebt einen Kinderwagen und trägt ein Kleinkind auf dem Arm. Vor dem Kinderwagen geht ein Junge.

Das Wichtigste

Das wachsende Bewusstsein in der Gesellschaft, dass jeder Mensch das Recht hat, am Leben in all seinen Facetten teilzuhaben, hat den Blick auf die Gestaltung unserer Gebäude verändert. Das gilt vor allem für den Blick auf die öffentlich zugänglichen Gebäude, und damit auch auf kirchliche Gebäude.

  • Viele Gebäude, ihre Dimensionen, ihre Gestaltung und ihre Einrichtung, ermöglichen eigentlich nur dem "Durchschnittsbürger", sie selbstständig zu nutzen und vollumfänglich an Angeboten und Veranstaltungen teilzunehmen.
  • Viel zu viele Menschen stoßen bei Gebäuden auf Barrieren, die ihnen die Nutzung und damit die Teilhabe erschweren oder sogar ganz verwehren.

Einige Beispiele aus der kirchlichen Praxis machen das deutlich:

  • Jugendräume liegen im Keller eines Pfarrheims und sind unerreichbar für einen jungen Mann, der im Rollstuhl sitzt.
  • Stufen im Altarraum einer Kirche sind durch den hellen Bodenbelag für Menschen, die schlecht sehen können, eine Stolperfalle.
  • Die Akustik in einem Veranstaltungsraum ist so schlecht, dass Menschen mit Schwerhörigkeit einem Vortrag nicht folgen können. 

Doch welche Bereiche des Bauens, Gestaltens und Einrichtens müssen angepasst werden, damit Gebäude für mehr Menschen besser nutzbar werden?

Besonders für Menschen, die mit Einschränkungen im kognitiven, sensorischen und/oder motorischen Bereich leben, braucht es Anpassungen (siehe Grafik 1). 

Das Bild zeigt eine Grafik der Landesberatungsstelle Barrierefrei Bauen und Wohnen. Drei Kreise in blau, gelb und weiß, die sich überschneiden sind unter den Bereichen kognitiv, sensorisch und motorisch zusammengefasst.

In welchen Bereichen bei Gebäuden diese Anpassungen notwendig sind, zeigt Grafik 2. In dieser Übersicht wird auch noch einmal ganz deutlich: Nicht nur für Rollstuhlfahrer gilt es Barrieren abzubauen. 

Das Bild zeigt eine Grafik der Landesberatungsstelle Barrierefrei Bauen und Wohnen. Drei Ellipsen in blau, gelb und weiß, die sich überschneiden, sind unter den Bereichen kognitiv, sensorisch und motorisch zusammengefasst.

Barrierefreiheit bei Neubauten

Mit der Gesetzgebung zum barrierefreien Bauen, vor allem von öffentlich zugänglichen Gebäuden, werden von Seiten des Staates nun Standards in den in Grafik 2 aufgeführten Bereichen gesetzt. Sie sollen die Gebäude für eine breitere Schicht von Menschen nutzbar machen.

Beispiel: Es werden Mindestmaße angegeben, die eine freie Fläche vor einer Tür oder einem Waschbecken haben muss, damit Menschen, die eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl benutzen, rangieren können.

Diese Standards müssen von Bauherrn bei Neubauten oder gravierenden Umbauten eingehalten und umgesetzt werden, unabhängig von der Zahl der möglichen Besucher und Nutzer, die nicht dem Durchschnittsbürger entsprechen. Bei dieser Gesetzgebung geht es um die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen.

Allerdings bedeutet barrierefreies Bauen im Sinne des Gesetzgebers nicht, dass man allen nur erdenklichen Bedürfnissen und Erfordernissen von potentiellen Nutzern, die sich ja durchaus widersprechen können, entgegenkommen muss.

Barrierefreiheit bei Gebäuden bedeutet auch nicht, dass mit der Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen alles getan ist. Gebäude, die vornehmlich von bestimmten Nutzergruppen frequentiert werden, brauchen durchaus an verschiedenen Stellen eine umfänglichere Ausstattung, zum Beispiel Begegnungstätten für Senioren oder Jugendeinrichtungen. 

Info-Materialien zum barrierefreien Bauen

Das BIld zeigt die Broschüre des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen. Sie trägt den Titel Barrierefrei bauen. Leitfaden für die Planung.

Einen Leitfaden „Barrierefrei Bauen“ hat die Landesregierung von Rheinland-Pfalz herausgegeben und stellt sie als Download bereit. Hier findet man die entsprechenden Bundes- und Landesgesetze, Verordnungen und technische Baubestimmungen, ausführliche Erläuterungen, Grafiken, Bilder und Beispiele. Die Broschüre richtet sich an ein breiteres interessiertes Publikum und nicht nur an Fachleute.
Barrierefrei Bauen - Leitfaden für die Planung, Rheinland-Pfalz (PDF-Dokument)

Noch übersichtlicher und anschaulicher sind die Handreichungen aus Nordrhein-Westfalen und Bayern:

Die Handreichung Barrierefreies Bauen DIN 18040 Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude (PDF-Dokument) von der Bayrischen Architektenkammer ist auf der Internetseite der Kammer als Download erhältlich. 

Die Agentur Barrierefrei NRW hält auf ihrer Internetseite eine Broschüre bereit: Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden. Lösungsbeispiele für Planung und Beratung unter Berücksichtigung der DIN 18040-1 (PDF-Dokument)

Die Internetseite nullbarriere.de widmet sich in einem Beitrag der baulichen Barrierefreiheit von Kirchen: https://nullbarriere.de/barrierefreiheit-in-kirchen.htm.

Barrierefreiheit bei Bestandsgebäuden

Nun gibt es im kirchlichen Bereich viele Bestandsgebäude wie Kirchen, Pfarrheime und Pfarrhäuser. Träger sind - bislang - nicht verpflichtet, Bestandsgebäude barrierefrei herzurichten. Doch in vielen gesellschaftlichen Bereichen setzt sich die Einsicht durch, dass barrierefreie Gebäude zu einer Gesellschaft, die sich der Beförderung von Menschenrechten verpflichtet sieht, dazugehören. In der Wirtschaft, dem Tourismus, bei Vereinen und Kirchen gibt es Konzepte der Selbstverpflichtung, Barrierefreiheit auch im Gebäudebestand umzusetzen.

Noch eine Besonderheit ergibt sich beim Thema Barrierefreiheit und kirchliche Gebäude: der Denkmalschutz. Noch hält sich die Vorstellung hartnäckig, dass Denkmalschutz und Barrierefreiheit sich schlecht vereinbaren ließen und Barrierefreiheit zudem zu viel koste. Doch mittlerweile gibt es eine Fülle an kreativen Ideen, wie Barrierefreiheit in denkmalgeschützten Gebäuden verwirklicht werden kann. Und eines gilt es hier zu bedenken: Barrierefreiheit erhöht die Bedeutung eines Denkmals, denn nur ein Denkmal für alle kann seine Geschichte und seine Geschichten heutigen Menschen erfahrbar machen.

Checklisten

Eine Nachrüstung der Barrierefreiheit im Gebäudebestand ist bislang nicht verpflichtend.

Eine Überprüfung der Barrierefreiheit von Bestandsgebäuden ist anhand von Checklisten möglich:

Spickzettel Barrierefreiheit nach DIN 18040

Eingang

  • Haupteingang ist stufen- & schwellenlos
  • ebene Bewegungsfläche (min. 1,50 x 1,50 m) vor der Eingangstür

Türen

  • Eingangstür hat keine Türschwelle
  • Durchgangsbreite >90 cm
  • Automatisches Öffnen + Schließen der Eingangstür

Flure und sonstige Verkehrsflächen

  • Breite aller Durchgänge >90 cm
  • Bodenbeläge sind rutschhemmend

Aufzug

  • Aufzugkabine mind. 110x140 cm
  • Zugangsbreite der Aufzugstür >90 cm
  • Höhe der Bedienelemente: 85–110 cm

Treppe / Rampe

  • Rampe oder Aufzug anstatt Treppe vorhanden
  • Höhe der beidseitigen Handläufe: 85–90 cm

Anforderung an Rampen

  • Neigung <6%
  • Breite >120 cm, Länge <6m
  • Seitliche Wandbegrenzung oder Radabweiser

Toilette / Bad

  • Tür schlägt nicht in den Sanitärraum
  • Breite der Tür >90 cm
  • Bewegungsflächen vor WC-Becken & Waschtisch mind. 150x150 cm
  • Breite links und rechts des WC-Beckens >90 cm
  • Beidseitig ein hochklappbarer Stützklappgriff
  • Seifenspender + Papiertuchspender im Bereich des Waschtisches angeordnet
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Fördermöglichkeiten

Für Neu-, Um- und Ausbauten, die Barrierefreiheit befördern, gibt es bei der Aktion Mensch Zuschüsse:

Förderprogramm Barrierefreiheit für alle

Förderprogramm Eine Barriere weniger

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Das BIld zeigt einen Menschen in einem Rollstuhl, der vor einer verschlossenen Tür mit zwei Stufen steht.

Anfangen und Weitermachen

Anfangen

  • Checken Sie Ihre Gebäude mit der einfachen Checkliste von Wheelmap (siehe dort unter "Welche Kriterien muss ich beim Bewerten eines Ortes beachten?") und tragen Sie Ihre Gebäude auf der Internetseite für das Suchen, Finden und Bewerten rollstuhlgerechter Orte  https://news.wheelmap.org/ ein. Auf dieser Seite werden Gebäude und Einrichtungen und ihre Nutzbarkeit für mobilitätseingeschränkte Personen aufgeführt. Das nutzt diesem Personenkreis bei der Planung ihres Alltages und ihrer Freizeit.  Jeder Eintrag trägt zur Bewusstseinsänderung bei.

  • Tipps, wie Sie einen Raum und seine (nicht) vorhandene Barrierefreiheit erkunden können:
    ► Gehen Sie mit Kopfhörern oder mir Ohropax durch den Raum und beobachten Sie, was Sie alles wahrnehmen und was nicht.
    ► Bewegen Sie sich mit einem Rollator, einem Rollstuhl oder einem Bürostuhl durch den Raum oder das Haus und achten Sie darauf, was leicht und was schwer oder unmöglich ist.
    ► Machen Sie Fotos in schwarz-weiß von Dingen und Orten und schauen Sie, was Ihnen die Orientierung erleichtert und was sie erschwert.
    ► Gehen Sie stark blinzelnd durch den Raum oder schauen Sie durch eine milchige Schutzhülle für Dokumente (Klarsichthüllen) - was fällt Ihnen dabei leicht, was schwer, welche HIlfen würden Sie sich wünschen?
  • Begehen Sie Ihre Gebäude mit Menschen, die aus ihrer eigenen Erfahrung Barrieren erkennen und beurteilen können, und besprechen Sie Ihre Ergebnisse mit Verantwortlichen Ihrer Pfarrei oder Ihres Trägers. 

Weitermachen

  • Sich dafür einsetzen, dass im Zuge der Neuorganisation von Pfarreien einzelne Kirchen und Pfarrheime schwerpunktmäßig barrierefrei um- und ausgebaut werden. 

  • Einzelne Verbesserungen, die für viele Menschen eine wirkliche Erleichterung darstellen, wie zum Beispiel den Einbau einer „Toilette für Alle“ oder einer modernen Höranlage in Kirchen und Pfarrheimen, angehen. 

  • Auch die Summe von kleinen Verbesserungen trägt zur Willkommenskultur bei.
    Beispiele: Einrichtung von Behindertenparkplätzen in direkter Nähe zum Eingang, Stellplätze für Rollstühle in der Kirche, Gotteslob in Großdruck, Rampe zum Altarraum, barrierefrei zugängliches Gesprächszimmer usw. 

  • Gebäude kennzeichnen, so dass Menschen mit Behinderung einschätzen können, was sie erwarten dürfen. So können Aushänge im Schaukasten, Beschreibungen und Piktogramme auf der Internetseite und im Pfarrbrief Menschen darüber informieren, wie das Gebäude für sie nutzbar ist. 

  • Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner nennen, die oder der über die jeweiligen Möglichkeiten vor Ort Auskunft geben kann (Name, Telefon, E-Mail, evtl. Adresse, ggf. Zeiten).