Zum Inhalt springen

Intervention

Was tut das Bistum Trier bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt im Bereich der Kirche?

Vorwort von Bischof Stephan Ackermann

Wenn sexualisierte Gewalt von Klerikern oder anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche im Bistum Trier verübt wird, dann ist das eine Gewalttat gegen Anvertraute und eine Verletzung des Vertrauens, das in sie gesetzt wird. Die Verantwortlichen im Bistum Trier stehen in der Pflicht, zum Schutz der Kinder, Jugendlichen und Schutzbefohlenen auch dann gegen solches Verhalten vorzugehen, wenn es unterhalb der Straffälligkeit bleibt. Wie das Bistum Trier mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und andere Mitarbeitende im Bereich von Kirche und Caritas umgeht, beschäftigt viele Katholikinnen und Katholiken und andere Menschen in unserem Bistum. Hauptamtliche, aber auch neben- und ehrenamtlich Tätige werden immer wieder auf diese Sachverhalte angesprochen.

Hier erfahren Sie mehr über die aktuell geltenden Vorgehensweisen der Verantwortlichen des Bistums. Das Vorgehen wird kontinuierlich überprüft und verbessert.

Wichtig ist zunächst, dass alle Bereiche des kirchlichen Lebens in unserem Bistum im Blick sind. Das sind neben den Pfarreien mit ihren vielfältigen Angeboten z. B. auch die Schulen und Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft oder die zahlreichen caritativen Dienste und Einrichtungen im Bereich der Jugendhilfe, des Gesundheitswesens und der Altenhilfe, die von katholischen Einrichtungsträgern im Bistum verantwortet werden.

Die hier aufgelisteten „Häufig gestellten Fragen“ (FAQ) sollen Ihnen helfen, sich einen Eindruck zu verschaffen. Wenn Ihnen beim Lesen Dinge, Ungereimtheiten oder Aspekte auffallen oder Sie konkrete Fragestellungen oder Ideen zur Thematik haben, dann melden Sie uns das doch bitte zurück

Diese ausdrückliche Bitte richte ich besonders auch an die Menschen, die von Missbrauch betroffen waren und sind und für die diese Zusammenstellung sicherlich nicht ausreichend genug das wiedergibt, was sie sich wünschen. Melden Sie Ihre Erwartungen, Enttäuschungen und Hinweise bitte auch zurück.

Dr. Stephan Ackermann
Bischof von Trier

Katharina Rauchenecker

Dr. Katharina Rauchenecker

Interventionsbeauftragte
Bischöfliches Generalvikariat
Mustorstraße 2
54290 Trier

Interventionsplan

für Beschäftigte im pastoralen Dienst und ehrenamtlich Tätige in Pfarreien im Bistum Trier

P.I.A. - Prävention, Intervention und Aufarbeitung

Jahresbericht 2022 P.I.A.

Mit dem vorliegenden Bericht legen die Beauftragten für den Bereich Prävention, Intervention und Aufarbeitung (P.I.A.) erstmalig im Auftrag des Bischofs von Trier einen Bericht vor, der transparent Auskunft geben soll über die vielfältigen Schritte, die in diesem Bereich im Jahr 2022 gegangen wurden.

man sieht das umfangreiche Organigramm zu Prävention und Intervention
Organigramm Prävention - Intervention - Aufarbeitung - PIA - Stand November 23

Häufige Fragen/ FAQ

Eine Frage der Haltung

Im Mittelpunkt stehen die Betroffenen. Die Kirche von Trier verfolgt eine Haltung der Nulltoleranz gegenüber sexualisierter Gewalt.

Durch eine umfassende Präventionsarbeit soll zudem eine Kultur der Achtsamkeit entstehen, die sexuellen Missbrauch im Raum der Kirche künftig möglichst verhindert.

Beschuldigte sollen mit allen Möglichkeiten der staatlichen und der kirchlichen Gerichtsbarkeit zur Rechenschaft gezogen werden. Es wird so transparent wie möglich informiert.

Neben den staatlichen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren gibt es auch innerkirchliche Reaktionen und Verfahren. Dabei ersetzt ein kirchliches Verfahren in keinem Fall das staatliche Verfahren. Das kirchliche Strafverfahren ruht für die Dauer des staatlichen Verfahrens; es ist ein zusätzliches Instrument, mit dem das Bistum gegen Beschuldigte vorgehen kann.

Die Erfahrung zeigt: die Staatsanwaltschaft stellt die Verfahren in vielen Fällen ein, weil die Fakten für eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs nicht ausreichen oder weil die angezeigten Taten verjährt sind. Die Anwendung von disziplinarischen Maßnahmen oder von kirchenrechtlichem Strafrecht bietet insbesondere in solchen Fällen die Möglichkeit, Beschuldigte dennoch zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch für beschuldigte Personen gilt zunächst die Unschuldsvermutung. Sollte seitens der Strafermittlungsbehörden oder der Gerichte keine Anklage oder Verurteilung erfolgen, gilt die betreffende Person als unschuldig im strafrechtlichen Sinn. Gänzlich unabhängig davon erfolgt die dienst- und arbeitsrechtliche Beurteilung der Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs oder Grenzüberschreitungen. Das Bistum bzw. der kirchliche Anstellungsträger wird geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn die Meldungen hinreichend begründet sind.

Sollten sich erhobene Vorwürfe nicht bestätigen, erfolgt eine entsprechende Rehabilitierung der oder des Beschuldigten durch das Bistum bzw. den jeweiligen Anstellungsträger.

In der Regel wird im unmittelbaren Arbeitsumfeld der beschuldigten Person informiert. Wenn z.B. Seelsorgerinnen und Seelsorger von den Vorwürfen betroffen sind, werden in der Pfarrei, in der der Beschuldigte im Einsatz ist zunächst das Seelsorgeteam und die Mitglieder von Pfarrgemeinderat/Pfarreienrat und Verwaltungsrat sowie dann auch alle Gläubigen informiert. Auch erfolgt eine Information an den Orten, an denen der Beschuldigte gegebenenfalls früher bereits im Einsatz war. Unmittelbar im Anschluss erfolgt auch die Information der allgemeinen Öffentlichkeit. Diese ist so umfassend und transparent wie möglich. Einschränkungen gibt es hier durch die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten und durch Wünsche der Betroffenen hinsichtlich einer Veröffentlichung.

Hilfsangebote

Betroffene oder andere, die von sexuellem Missbrauch durch Kleriker oder andere Mitarbeitende im Bistum Trier Kenntnis erhalten, können sich an die unabhängigen Ansprechpersonen wenden. 

Wenn sich Betroffene an das Bistum wenden, dann gilt: wir hören zu. Wir nehmen ernst. Und wir versuchen dabei zu unterstützen, die Folgen der Vorfälle zu verarbeiten – soweit das überhaupt möglich ist.

Z. B. durch die Übernahme von Therapiekosten und andere Maßnahmen, wobei jeweils der Einzelfall zu betrachten ist. Eine weitere Form kann die sogenannte Zahlung zur Anerkennung des Leids sein, die keine Entschädigung sein kann und will. Die entsprechenden Antragsvordrucke und Hinweise sind auf der Internetseite des Bistums zu finden.

Was tun wir, wenn...

Klick auf das Schaubild zum Vergrößern.
Klick auf das Schaubild zum Vergrößern.

Das Bistum Trier bittet Betroffene von Missbrauchstaten oder Grenzüberschreitungen (oder andere, die Kenntnis von solchen Taten haben) sich an die Ansprechpersonen für Fälle von sexuellem Missbrauch zu wenden. Die Ansprechpersonen sind vom Bistum unabhängig; sie sind nicht beim Bistum angestellt und stehen in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Bistum. Die Ansprechpersonen nehmen die Fälle auf und geben die entsprechenden Informationen an den Bischof oder den Generalvikar weiter.

Der Generalvikar koordiniert dann die weiteren Schritte. Dabei beachtet er in jedem Einzelfall die jeweiligen Besonderheiten; denn kein Fall ist wie der andere.

Der Bischof stellt den betreffenden Kleriker unmittelbar von seinem Dienst frei und untersagt beispielsweise die Ausübung des Amtes.

Für den Bereich der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt ein entsprechendes Vorgehen. Die jeweiligen Trägerverantwortlichen entscheiden über kurzfristige Maßnahmen, wie zum Beispiel die Freistellung vom Dienst, und über sich dann evtl. anschließende weitere arbeitsrechtliche Schritte (beispielsweise die Kündigung des Dienstverhältnisses).

Das Bistum arbeitet bei der Aufarbeitung der Problematik mit der Staatsanwaltschaft zusammen.

Die katholische Kirche ist kein Staat im Staate. Für die strafrechtliche Sanktionierung von Fehlverhalten, auch von Klerikern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche, sind die staatlichen Strafverfolgungsbehörden zuständig. Das Bistum übergibt Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs an die Staatsanwaltschaft, wobei es auch die Rechte der Betroffenen achtet. Das Selbstbestimmungsrecht von Betroffenen bzw. bei Minderjährigen zusätzlich das der Erziehungsberechtigten, ist im Rahmen der staatlichen Gesetze zu achten.

Gegen im kirchlichen Dienst Tätige, die Minderjährige sexuell missbraucht haben, können Maßnahmen verhängt werden, wie z. B.

  • die Person wird nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt;
  • es kann untersagt werden den Gottesdienst zu feiern und Sakramente zu spenden;
  • Maßnahmen wie etwa die Entlassung aus dem Klerikerstand und/oder Gehaltskürzungen können aus dem kirchlichen Verfahren folgen.

Bei den übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt, dass arbeitsrechtliche Maßnahmen in jedem Fall unabhängig von staatlichen (straf)rechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.

Das Bistum hat im Rahmen der sogenannten MHG-Studie die Personalakten der Kleriker durch eine Juristin sichten lassen und alle Hinweise auf sexualisierte Gewalt an die Forschergruppe weitergegeben.

Die Fälle von Gewalt und sexualisierter Gewalt im früheren kirchlichen Internat „Albertinum“ in Gerolstein lässt das Bistum zurzeit durch unabhängige Fachpersonen aufarbeiten. Das Bistum will dabei auch Erfahrungen sammeln, die eventuell für eine spätere Untersuchung weiterer Vorwürfe aus der Vergangenheit hilfreich sein können. Selbstverständlich sind bei diesem Projekt Betroffene eingebunden.

Flächendeckend wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter auch alle Seelsorgerinnen und Seelsorger, seit 2011 bei Präventions-Schulungen weiter qualifiziert.

Zudem müssen in allen Pfarreien und Einrichtungen sogenannte „Institutionalisierte Schutzkonzepte“ erstellt werden. Die Entwicklung solcher Konzepte dient dazu, die intensive Auseinandersetzung zu Fragen des Schutzes vor grenzverletzendem Verhalten und sexualisierter Gewalt anzuregen, die Einführung von Maßnahmen zur Prävention zu unterstützen und diese in einem Gesamtkonzept zu bündeln. Ziel ist es, eine Kultur der Achtsamkeit zu fördern und sich gemeinsam dafür stark zu machen, dass Kinder, Jugendliche sowie schutz- und hilfebedürftige Erwachsene in kirchlich/caritativen Kontexten nicht Opfer von Übergriffen werden. Zudem sollen Kinder, Jugendliche sowie schutz- und hilfebedürftige Erwachsene, die von sexuellem Missbrauch und/oder Grenzüberschreitungen betroffen sind, angemessene und qualifizierte Hilfe finden können.

Neben den Schulungen müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (haupt-, neben- und ehrenamtlich Tätige) in regelmäßigen Abständen die jeweils aktuellen erweiterten Führungszeugnisse vorlegen. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden, dass einschlägig vorbestrafte Personen überhaupt zum Einsatz kommen.

Für Arbeitsunfälle nach § 193 Abs. 1 SGB VII besteht eine gesetzliche Meldepflicht. Unter bestimmten Voraussetzungen können Fälle sexuellen Missbrauchs einen Arbeitsunfall darstellen. Dann gilt auch für sie die gesetzliche Meldepflicht. 

Hier finden Sie Informationen zur Meldung von Fällen sexuellen Missbrauchs als Arbeitsunfall.

Beraterstab

Zur fachlichen Beratung im Einzelfall und bei Grundsatzfragen arbeiten die Ansprechpersonen zusammen mit einem Beraterstab:

  • Werner Baulig, entsandt vom Betroffenenbeirat
  • Dorothee Bohr, ehemalige Justiziarin des Bistums
  • Msgr. Ottmar Dillenburg, Leitender Priesterreferent
  • Prälat Dr. Georg Holkenbrink, Offizial des Bistums Trier.
  • Dorothee Lappehsen-Lengler, Dipl.-Psychologin
  • Ingrid Mettlach-Graus, Dipl.-Psychologin
  • Prof. Dr. Eric Mührel, entsandt vom Betroffenenbeirat
  • Matthias Müller, Justiziar des Bistums Trier
  • Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg
  • Peter Rütten, Dipl.-Psychologe
  • Dr. Andreas Zimmer, Präventionsbeauftragter des Bistums Trier

Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt KA 164 (2020) Nr. 52 vom 1. März 2020 und im Kirchlichen Amtsblatt KA 165 (2021) Nr. 123 vom 1. Juli 2021.

Weitere Informationen